Die Bund scherte sich jahrelang nicht darum, was bei der Commerzbank vor sich ging, obwohl man größter Aktionär war. Nun greift der Bund seit geraumer Zeit hart durch, aber hat damit bei einigen Kontrolleuren jegliches Vertrauen verspielt. Nachdem der Staat wohl auf den Rückzug von Andreas Schmitz, Ex-Chef der HSBC Trinkhaus und Burkhardt drang, werfen drei seiner Kollegen entnervt das Handtuch. Wenigstens hat der Bund bereits Ersatz parat.
Es ist wohl ein einmaliger Vorgang: Die Hälfte der Aufsichtsratssitze der Kapitalseite soll neu besetzt werden. Zuerst lege Aufsichtsratschef Hans-Jörg-Vetter aus gesundheitlichen Gründen sein Amt nieder. Dann ging wie erwähnt Schmitz, der als sein Nachfolger gehandelt wurde, und nun folgen ihm drei weitere Kontrolleure. Nach Handelsblatt-Informationen hören Victoria Ossadnik, Rainer Hillebrand und Tobias Guldimann auf. Sie begründen ihren Rückzug mit der dominaten Rolle des Bundes. Sie sollen zudem für den Verbleib von Schmitz im Gremium votiert haben.
Nachfolger sind schon da
Für die demnächst abzuhaltende Hauptversammlung stehen die Nachfolger schon fest, wie aus einer Ad-hoc-Meldung der Commerzbank hervorgeht. Burkhard Keese, Frank Westhoff, Daniela Mattheus und Caroline Seifert sollen neu in das Kontrollgremium gewählt werden. Sie sollen der Hauptversammlung, die nun statt am 5. am 18. Mai stattfinden sollen, zur Wahl vorgeschlagen werden. Der prominenteste Neuzugang ist dabei Keese, der seit 2019 Finanzchef des Versicherungskonzerns Lloyd's of London ist und vorher das gleiche Amt bei Allianz Deutschland inne hatte. Seifert hat viele Jahre für die Deutsche Telekom gearbeitet, Westhoff war bis 2017 Vorstand der DZ Bank. Mattheus berät als Rechtsanwältin kapitalmarktorientierte Unternehmen und sitzt im Aufsichtsrat der Autobahn GmbH des Bundes. Eine vierte Person ist noch nicht bekannt. Hans-Jörg Vetter soll wie berichtet durch Helmut Gottschalk an der Spitze ersetzt werden.
Staat regiert durch
Ein nicht genannter Investor bemängelt die Art und Weise der Rücktritte. Die Außenwirkung sei katastrophal. Ein anderer sagt: „Die Bank ist zum Spielball der Politik geworden“. Darauf deutet auch die Auswahl der neuen Aufsichtsräte hin. Die Nähe zur Politik ist augenscheinlich. Wenigstens konnte das Management um CEO Manfred Knof einen Meilenstein setzen.
Erste Vereinbarung mit Betriebtsrat steht
Die Bank verständigte sich mit dem Gesamtbetriebsrat auf ein Freiwilligenprogramm für den geplanten Stellenabbau. Insgesamt rund 1.700 Vollzeitstellen im Inland sollen bis Ende 2021 über das Freiwilligenprogramm abgebaut werden. In einer Ad-hoc-Meldung schreibt die Commerzbank weiter: „Im ersten Quartal 2021 wird die Bank Restrukturierungsaufwendungen in Höhe von insgesamt rund 470 Millionen Euro buchen. Ein Großteil resultiert aus dem Freiwilligenprogramm. Insgesamt hatte die Bank im Rahmen der Strategie 2024 angekündigt, rund 1,80 Milliarden Euro für die Restrukturierung aufzuwenden. Inklusive der Rückstellungen für das Freiwilligenprogramm sind damit rund 1,40 Milliarden Euro bereits gebucht.“
Das Führungschaos der Commerzbank könnte schneller beendet sein, als allgemein vermutet. Trotzdem ist es ein schlechter Stil wie hier agiert wird. Zumindest hat der CEO einen Teil der abzubauenden Stellen bereits mit der Gewerkschaft verhandelt, obwohl das Chaos regiert. Läuft alles wie geplant, wäre auch die Hälfte der zu buchenden Aufwendungen für die Restrukturierung bereits erledigt.
Investierte Anleger bleiben dabei und setzen darauf, dass es nach der wohl demnächst geplanten Hauptversammlung klare Strukturen gibt. Alle anderen warten ab.
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