Die Commerzbank macht bei einem wichtigen Projekt im Rahmen der Sanierung die Rolle rückwärts. Das kostet mehrere Millionen Euro Sonderabschreibung und wirft Fragen auf. Bisher glänzte CEO Manfred Knof durch geräuschloses Arbeiten im Hintergrund. DER AKTIONÄR erklärt, was das für die Aktie bedeutet.
Die Commerzbank lagert ihre Wertpapierabwicklung doch nicht zur britischen Konkurrentin HSBC aus. Der Stopp des Projekts schlage im zweiten Quartal mit einer Sonderabschreibung von rund 200 Millionen Euro zu Buche, teilte das Frankfurter Geldhaus überraschend Ende dieser Woche mit. Die Sonderabschreibungen würden aber weder die Liquidität noch die harte Kernkapitalquote belasten. Hinzu kämen Rückstellungen in zweistelliger Millionenhöhe. Als Gründe nannte das Institut hohe Risiken bei der technischen Umsetzung und veränderte Marktbedingungen.
Kostenziel 2021 soll erreicht werden
„Das deutlich gewachsene Handelsvolumen und die technologische Weiterentwicklung ermöglichen uns, die Wertpapierabwicklung profitabel fortzuführen“, sagte das zuständige Vorstandsmitglied Jörg Hessenmüller. Die Commerzbank wolle nun die Komplexität reduzieren und zunächst ihre eigenen Systeme weiter modernisieren. Das diesjährige Kostenziel der Bank von 6,5 Milliarden Euro hat den Angaben zufolge operativ weiterhin Bestand. Zusätzlich falle jedoch die Sonderabschreibung an.
Verzögerung um Monate
Die Commerzbank hatte das Auslagerungsprojekt unter ihrem früheren Vorstandschef Martin Zielke im Jahr 2017 angeschoben. Die Umsetzung hatte sich aber verzögert - früheren Angaben zufolge auch wegen der Integration der bisherigen Online-Tochter Comdirect. Am 1. Januar rückte der frühere Deutsche-Bank-Manager Manfred Knof an die Spitze der Commerzbank und leitete einen radikalen Umbau ein.
Zuletzt wollte das Institut die Wertpapierpositionen Mitte dieses Jahres auf die Tochtergesellschaft der HSBC übertragen, doch der Commerzbank-Vorstand zog zuvor die Reißleine. Bereits übertragene Daten sollen bis Anfang nächsten Jahres zurückübertragen werden. Das Kundengeschäft werde davon nicht beeinträchtigt, hieß es.
Alles auf dem Prüfstand
Knof gilt als harter Sanierer und hat laut Handelsblatt eine externe Beratungsfirma beauftragt alle IT-Projekte der Bank zu durchleuchten. Gut möglich also, dass es weitere Änderungen in der Strategie gibt, sofern das nach Knofs Meinung Sinn ergibt.
Die Aktie konnte zuletzt wieder etwas Boden gutmachen und war schon über den GD200 bei 5,45 Euro gestiegen. Dann sackte der Kurs wieder leicht ab und verharrte darunter. Diese wichtige Linie könnte aber kommende Woche geknackt werden. Wichtig wäre, dass der Kurs auch den Abwärtstrend vom Juni bei 5,67 Euro bald überwindet. Die Zahlen zum abgelaufenen Quartal am 4. August könnten dabei helfen.
Investierte bleiben dabei und beachten den Stopp bei 4,80 Euro. Alle anderen können eine kleine Position aufbauen, falls der GD200 demnächst nachhaltig überwunden wird.
Mit Material von dpa-AFX.
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