Mit seiner quirlig-frischen Mischung aus Video-Streaming, Chat- und Flirt-Plattform frisst sich Momo durch die Marktanteile seiner vielfach größeren Konkurrenten und verdient dabei Millionen. Anleger sollten sich die Aktie ins Depot legen – unter einer Bedingung.
100 Prozent Gewinn
Momo, das ist Michael Endes Geschichte eines kleinen Mädchens, das den Menschen die Zeit zurückgibt, die ihnen von den „grauen Herren“ gestohlen wurde. Einerseits. Momo, und das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, stiehlt den Menschen aber auch Zeit. Abseits deutscher Jugendbuchkultur, im China der Gegenwart, zählt Momo zu den populärsten Social-Media-Plattformen auf mobilen Endgeräten.
Von Mobile Social zu Mobile Dating
Im Kern ist Momo ein soziales Netzwerk, wie es mittlerweile viele gibt, auch in China. Auf der Plattform können sich Menschen treffen, einander kennenlernen, Games zocken und Videos hochladen. In Zeiten von Facebook (zwei Milliarden Nutzer) und Tencent (eine Milliarde Nutzer auf WeChat) alles keine Rocket Science. Was Momo so interessant macht, ist der Wille zum Wandel. Ursprünglich trafen sich auf der App die Nutzer, um zu chatten und Online-Games zu spielen. Noch 2014 machte die Gaming-Sparte mit 11,2 Millionen Dollar rund 25 Prozent der Gesamterlöse aus, der Rest entfiel auf Mehrwertdienste (VAS), im Wesentlichen kostenpflichtige Abos für die Plattform. 2017, also nur drei Jahre später, hat sich Momos Umsatz verdreißigfacht.
Um die Jugendsprache zu bemühen: WTF? Die Antwort: Live-Videos.
Mehr Nutzer, mehr Umsatz
Kein großes Ding, könnte man meinen. Doch wie erwähnt, es geht um das Gesamtkonzept. Und das kommt so gut an, dass die Zahl der monatlich aktiven Nutzer (MAU) im ersten Quartal 2018 gegenüber dem Vorjahr um 21 Prozent auf 103 Millionen stieg – trotz der schwachen Saisonalität (Grafik oben links). Zugegeben, mit 100 Millionen MAUs ist Momo verglichen mit Alibabas Yokou Tudo (Video), Weibo (Social Media) oder Tencent (WeChat) ein kleines Licht. Das große Aber: 2018 rechnen Experten mit einem Wachstum (nur Video) auf rund 1,2 Milliarden MAUs für das Segment. Und das ist genug Raum für innovative Player wie Momo, um den Marktführern eins auszuwischen.
Der Superdeal
Mit der Übernahme der Tinder-like Dating-App Tantan ist Momo im Februar nun ein weiterer großer Wurf gelungen. Ohne auf die Funktionen von Tinder näher einzugehen: Die Wischfunktion hat Momo bereits übernommen. Das restliche Geschäftsmodell mit flirtfreudigen chinesischen Singles soll zukünftig als weiteres Standbein etabliert werden. Analysten schätzen, dass Tantan (20 Millionen MAUs) bereits 2020 einen Umsatzbeitrag von 250 Millionen Dollar/Jahr leisten und dabei eine Nettomarge von 14 Prozent erreichen könnte. An den Aussichten gemessen erscheint der Kaufpreis von rund 600 Millionen Dollar als echtes Schnäppchen, zumal Momo seinen Funktionspool um eine weitere attraktive Anwendung erweitert.
Fazit: Trotz des Kursfeuerwerks ist die Aktie von Momo noch immer günstig bewertet. Von YY einmal abgesehen, deren Gewinnvielfaches für 2019 gerade einmal 12 beträgt, rangiert Momos KGV (2019e) mit 16 unter dem langfristigen Durchschnitt (20) und auch unter dem Wert der Konkurrenten Alibaba (30), Tencent (34) sowie Weibo (26). Interessantes Detail: Sollte Momo nur dieselbe Bewertung wie die Tinder-Mutter Match Group erhalten (26), könnte die Aktie weitere 80 Prozent im Kurs steigen.
Hinweis: Momo notiert seit Erscheinen der Ausgabe rd. 10 Prozent im Plus. Die Kennziffern wurden NICHT angepasst.