Wer denkt nicht gerne an die Zeiten zurück, als ein Investment in China ein Selbstläufer war. Hohe Wachstumsraten, riesige Handelsüberschüsse und eine große Investitionsbereitschaft sorgten für ein wohlwollendes Investmentklima. "Nun mehren sich Risiken - die schöne Fassade bekommt Risse. China war Jahrzehnte lang die Werkbank der Welt. Unternehmen haben ihre Produktionsstätten nach China ausgelagert, um von den günstigen Lohnstück- und Arbeitskosten profitieren zu können. Dies hat kaum prosperierende Wirtschaftsaussichten geschaffen und so wurde ein neuer Wirtschaftsplan erstellt, der den Fokus auf die Förderung der Binnenwirtschaft und die Etablierung von China als Innovationsstandort zum Ziel hatte.
Die positiven Einflüsse aus der Umsetzung dieses Plans sind nun vorbei. Eine Abkühlung des bis 2010 hohen Wirtschaftswachstums ist zu erkennen und Probleme in dem riesigen Schattenbankensektor des Landes nehmen zu. Insgesamt hat nur ein kleinerer Teil der Bevölkerung von diesen Veränderungen profitiert. Zu tief ist die Arbeiterschicht in der Volkswirtschaft Chinas verankert", sagt Asienexperte Andreas Lipkow
"Immer mehr Kredite"
Der bis dato wachsende Wohlstand großer Teile der Bevölkerung war eine wichtige Säule für die Politik in China. Nun bereitet die politische Führung die Bevölkerung auf eine Veränderung des Wachstumsmodells vor. "Eine durch Innovationen getriebene Volkswirtschaft kann erst zu einem späteren Stadium hohe Wachstumszahlen erzielen. Zuerst muss sich die neue Technologie etablieren und später zu einem Produkt oder Service entwickeln.
Desweiteren sind in vielen Bereichen der Innovationsfreude hohe Hürden gesetzt worden. Der Aktionismus zur Förderung der Binnenwirtschaft hat es ermöglicht, dass quasistaatliche Unternehmen immer neue und höhere Kredite bekommen haben. Der Boom am Immobilienmarkt wurde zu einem Großteil mit billigen Krediten finanziert. Platzt in China die Immobilienblase, sind große Teile der chinesischen Wirtschaft betroffen", sagt Lipkow.
Erwerbsfähige Bevölkerung im Rückwärtsgang
"Die ansteigende Verschuldung und das wachsende Risiko durch nicht erfasste und kaum kontrollierbare Kredite im riesigen Schattenbanksystem Chinas sind die offensichtlichen Herausforderungen für die kommenden Jahre. Diese Situation ist zu einem erheblichen Systemrisiko für die konjunkturelle und finanzielle Stabilität der chinesischen Volkswirtschaft geworden. Der Schuldenberg hat in den vergangenen Jahren astronomische Ausmaße angenommen. Das neue innovative Wirtschaftswachstum wurde teuer erkauft und China steuert aktuell auf eine echte Krise zu.
Nicht nur in Japan altert die Bevölkerung. Mit dem zunehmenden Wohlstand und der vor Jahren verordneten Ein-Kind-Politik in China erlebt das Land der aufgehenden Sonne einen Rückgang in vielen wichtigen Bevölkerungsschichten. Die insgesamt erwerbsfähige Bevölkerung soll von 925 Millionen im Jahr 2011 bis auf 700 Millionen Menschen im Jahr 2050 zurückgehen.
Als weiterer Belastungsfaktor hat sich der drohende Handelskrieg zwischen den USA und China hinzugesellt. Sollte es zu einer längeren Phase von Wirtschafts- und Handelsprotektionismus zwischen beiden Ländern kommen, wird es keine wirklichen Gewinner geben. Dieser Belastungsfaktor ist aber nicht unerheblich für die weitere konjunkturelle Entwicklung der im Transformationsprozess befindlichen Volkswirtschaft Chinas.
Die Belastungen für Chinas Konjunktur sind groß und dürften zukünftig weltweit spürbar sein. Damit stellen zukünftige Investment in der bisher als wachstumsstark und stabil geltenden Volkswirtschaft ein Risiko dar. Auch die aktuell gut laufende Weltkonjunktur könnte davon getroffen werden. China kann im aktuellen Börsenjahr 2018 noch für die eine oder andere Überraschung gut sein", lautet das Fazit von Andreas Lipkow.