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10.11.2019 Nikolas Kessler

Charles Schwab: Gebührenfreier Handel – die Zukunft des Tradings?

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Charles Schwab

US-Broker kämpfen mit harten Bandagen um die Gunst der Anleger und verzichten dabei sogar auf die Ordergebühren. Speziell für Charles Schwab kann sich der mutige Schritt lohnen.

Verglichen mit den Wolkenkratzern in New York City wirkt die Konzernzentrale des US-Finanzdienstleisters Charles Schwab in der Main Street von San Francisco recht unscheinbar. Doch genau von hier ging Anfang Oktober ein regelrechtes Erdbeben aus, das die ganze Broker-Branche in Aufruhr versetzt hat: Als erster der großen US-Anbieter hat Charles Schwab die Handelsgebühren für in den USA und Kanada gelistete Wertpapiere und ETFs sowie die Grundgebühr für Optionen gestrichen. Innerhalb weniger Stunden haben die großen Rivalen TD Ameritrade und E-Trade nachgezogen. Angesichts des harten Konkurrenzkampfs kann es sich kein Anbieter erlauben, Kunden an einen günstigeren Rivalen zu verlieren.

So verdienen die Broker Geld

Ganz ohne Not wirft freilich auch Charles Schwab die Gebühren nicht über Bord. Vielmehr ist es eine Reaktion auf junge, wilde Start-ups wie Robinhood, die seit einiger Zeit mit kostenlosen Trades bei den etablierten Anbietern wildern und damit vor allem bei jungen Kunden punkten können.

Dass auch Schwab als erstes der großen Brokerhäuser die Handelsgebühren gestrichen und die Konkurrenz damit unter Zugzwang gesetzt hat, ist allerdings kein Zufall. Die Handelsgebühren haben dort im vergangenen Jahr ohnehin nur noch acht Prozent des Gesamtumsatzes ausgemacht. Zum Vergleich: Bei E-Trade waren es 26 Prozent, bei TD Ameritrade sogar 28 Prozent.

Den Löwenanteil (57 Prozent) des Jahresumsatzes 2018 hat Charles Schwab stattdessen mit Zinserträgen erwirtschaftet. In diese Kategorie fallen die Einnahmen, die mit der kurzfristigen Anlage von Kundengeldern – beispielsweise in US-Staatsanleihen – erzielt werden. Laut Muhamad Said Chahrour, Finanzvorstand des deutschen Brokers Flatex, sind mit kurzfristigen T-Bills positive Renditen von bis zu zwei Prozent pro Jahr möglich.

Rund 32 Prozent hat darüber hinaus die Vermögensverwaltung beigetragen. In beiden Bereichen steigen die Erlöse tendenziell weiter. Eine weitere Einnahmequelle für US-Broker ist zudem der Verkauf der Order-Flows an Liquidity Maker und High-Frequency-Trader. Diese führen die Orders aus und erhalten Einblick in die Handelsströme. Pro Aktie fließt dabei nur der Bruchteil eines Cents, doch 2018 summierten sich die Einnahmen allein bei Charles Schwab auf 139 Millionen Dollar.

Das sind die Wachstumstreiber

Angesichts des geringen Anteils am Ertragsmix ist die Streichung der Ordergebühren nach Einschätzung des AKTIONÄR in mehrfacher Hinsicht sinnvoll. Durch gebührenfreie Trades kann Schwab kostenbewusste Privatanleger von Konkurrenten abwerben, die nicht ohne Weiteres die Gebühren senken können. Damit steigen auch die verwalteten Kundengelder weiter an, die der Broker kurzfristig re­investieren kann. Die Zinserträge dürften also weiter steigen.

Zudem steigen die Chancen, dass sich mehr Kunden für weitere Angebote des Finanzkonzerns entscheiden – etwa im Bereich Vermögensverwaltung. Dabei könnte auch der geplante und bislang einmalige Verkauf von Bruchteilen von Aktien helfen. Das ist nicht nur für Anleger mit kleinen Investitionssummen interessant, sondern auch im Zusammenhang mit den populären US-Rentensparplänen (401k).

Mit dem breiten Angebot zu günstigen Preisen kann Charles Schwab aber nicht nur bei Privatanlegern punkten, sondern auch bei unabhängigen Beratern. Von ihnen gemanagte Vermögen haben im vergangenen Jahr immerhin fast 42 Prozent der von Schwab verwalteten Vermögenswerte von 3,6 Billionen Dollar ausgemacht.

Wenn Anleger nicht mehr wie bisher 4,95 Dollar pro Trade bezahlen müssen, dürfte auch das Handelsaufkommen steigen. Vor diesem Hintergrund gewinnen auch die Einnahmen aus dem Verkauf der Order-Flows weiter an Bedeutung.

Branchenexperten von Bloomberg rechnen angesichts des wachsenden Konkurrenzkampfs außerdem mit Fusions- und Übernahmefantasie im Sektor. Zudem werde bei Schwab das Potenzial hinsichtlich Kostensenkungen und Asset-Zuwächsen vom Markt unterschätzt.

Charles Schwab (WKN: 874171)

Aktie mit massivem Kaufsignal

Die Anleger haben Anfang Oktober geschockt auf die Streichung der Handelsgebühren reagiert. Die Aktie von Charles Schwab ist um fast zehn Prozent eingeknickt, die von E-Trade und TD Ameritrade hat es noch härter getroffen. Im Gegensatz zu den beiden Rivalen hat die Schwab-Aktie die Verluste inzwischen jedoch vollständig aufgeholt.

Kurz nach der Erstempfehlung des AKTIONÄR in Ausgabe 45/19 hat sie zudem die 200-Tage-Linie überwunden und damit ein charttechnisches Kaufsignal erzeugt. Anleger können aber weiterhin einen Fuß in die Tür stellen und auf positive Effekte durch die aktuellen Umwälzungen in der Branche setzen.


Teile dieses Artikels sind zuerst in AKTIONÄR-Ausgabe 45/19 erschienen.

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