Die Sorgen vor einem Ölpreiskrieg und zugleich zahlreiche Unsicherheiten rund um das globale Wirtschaftswachstum und die Erdöl-Nachfrage stimmen Bernstein Research inzwischen vorsichtig für die europäische Ölbranche. Das Analysehaus senkte seine Einschätzung für den Sektor von "Overweight" auf "Market Weight".
Zugleich nahm Analyst Oswald Clint in seiner am Montag vorliegenden Studie nun auch eine negativere Sicht ein hinsichtlich der Aktien von Royal Dutch Shell , Eni und Total . BP indes bekräftigte er auf "Overweight".
Daumen runter für mehrere Aktien
Shell, Eni und Total senkte Clint nun auf "Market-Perform" und kappte zugleich deren Kursziele deutlich: So sieht der Experte das Ziel der Shell-B-Aktie bei 1.700 Pence nach bislang 3.300 Pence. Das Kursziel für Eni kappte er von 20 auf 11 Euro und das von Total von 65 auf 36 Euro. Sämtliche Kurse liegen aktuell inzwischen sogar noch unter den neuen Zielen des Experten. Für die weiterhin zum Kauf empfohlene BP-Aktie senkte er das Kursziel zugleich von 700 auf 470 Pence, womit er dadurch noch ein Kurspotenzial von mehr als 50 Prozent sieht.
"Fundamentaldaten dürften kurzfristig zurzeit nicht überzeugen", schrieb Clint unter Verweis auf das kräftig getrübte Umfeld für integrierte Ölkonzerne, also solche, die nicht nur in der Ölförderung, sondern auch in der Veredelung tätig sind. "Die gesamtwirtschaftliche Situation für die Ölpreise wird nun wahrscheinlich erst einmal schlechter, bevor es wieder besser läuft."
Überangebot bleibt bestehen
Der bereits erwartete Erdöl-Überschuss im laufenden Jahr dürfte wohl noch steigen, erwartet er. Die Nachfrageschätzungen seien an diesem Tag bereits gekappt worden und wegen des sich abzeichnenden Ölpreiskrieges könnte der "sehr flüssige und unsicherere Angebotsbeitrag der Opec+" die Lage noch verschlimmern. "Investoren erwarten inzwischen nur noch ein Wachstum des globalen Bruttoinlandsprodukts von um die 2,3 Prozent nach bislang 3,3 Prozent", schrieb er. Das würde ein Null-Wachstum der Ölnachfrage in seinem Modell bedeuten. Diese Problematik werde kurzfristig noch verschärft durch das wahrscheinlich steigende Angebot von Saudi Arabien und Russland.
Nach den am Freitag gescheiterten Verhandlungen zwischen der Ölförderer-Organisation Opec und der Opec+, zu der auch Russland zählt, könnte nun ein Preiskrieg drohen. Denn: Zwischen Saudi-Arabien und Russland ist ein Streit über die künftige Erdölfördermenge entbrannt, der zu eskalieren droht. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtet, erwägt Saudi-Arabien, die Fördermenge in den kommenden Monaten zu erhöhen. Das könnte dann unter anderem wiederum Russland provozieren, über eine höhere Fördermenge nachzudenken.
BP weniger stark betroffen
Die entsprechenden negativen Gewinnrevisionen und der schwache freie Barmittelfluss werden die Aktien von Shell, Total, Eni, Equinor und Repsol am heftigsten treffen, erwartet der Bernstein-Analyst. Für BP und Galp sollte es indes deutlich besser laufen. Dabei verwies Clint unter anderem auf einen besseren freien Barmittelfluss sowie auch auf Mittelzuflüsse durch Verkäufe und Vorteile durch Raffinerie-Rohstoffe in Kanada.
Ölaktien sind gerade derzeit natürlich äußerst heiße Eisen. Daher sollten in diesem Sektor aktuell ausnahmslos mutige Anleger mit einem langen Atem erste Positionen aufbauen. Diese sollten unbedingt mit einem engen Stoppkurs abgesichert werden!
Mit Material von dpa-AFX
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Hinweis auf Interessenkonflikte gemäß §34b WpHG: Der Autor hält Positionen an BP, die von einer etwaigen aus der Publikation resultierenden Kursentwicklung profitieren.