Erinnern Sie sich noch an die „Ice Bucket Challenge“? Im Jahr 2014 hatte Anthony Senerchia mit der eiskalten Aktion auf die Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) aufmerksam gemacht. Weltweit spendeten Zehntausende Menschen wie Bill Gates zig Millionen Dollar für den Kampf gegen die bislang unheilbare Krankheit. AKTIONÄR-Tipp Sangamo sagt ALS ab sofort gemeinsam mit Pfizer den Kampf an.
Hoffnungen ruhen auf Gentherapie
Im Bereich der Gen-Schere-Entwicklungen setzt Pfizer im Vergleich zu anderen großen Pharma- und Biotech-Konzernen nicht auf den Ansatz der Gen-Schere CRISPR, sondern auf die Zinkfinger-Nukleasen-(ZFN)-Methode von Sangamo. Damit hebt sich die kleine Biotech-Firma von Editas Medicine, Intellia Therapeutics und CRISPR Therapeutics ab. Fakt ist, dass Sangamo mit dem Zinkfinger-Ansatz bereits einen zeitlichen Vorsprung hat. Denn im letzten Jahr hat Sangamo die Behandlung von Brian Madeux gestartet, der an der Stoffwechselerkrankung Morbus Hunter leidet. Kann Sangamo 2018 mit positiven Studienergebnissen aufwarten, dürfte das Unternehmen eine neue Ära in der Behandlung genetisch bedingter Erkrankungen einläuten. Beim CRISPR-Trio hingegen ist der Start klinischer Studien erst in diesem Jahr vorgesehen.
Mit der Zinkfinger-Nukleasen-Methode erhoffen sich Sangamo und der Kooperationspartner Pfizer auch starke Resultate bei der Therapie der neurodegenerativen Erkrankungen ALS und der frontotemporalen Demenz. Im Fokus steht dabei das Gen C9ORF72, auf dem bei den vielen betroffenen Patienten eine Mutation vorliegt. Sangamo will diese genetische Veränderung mit ZFN im Körper der Betroffenen reparieren. Vorab fließen Sangamo zwölf Millionen Dollar zu, im Erfolgsfall winken weitere Meilensteinzahlungen von bis zu 150 Millionen Dollar plus Umsatzbeteiligungen von Pfizer.
Weitere Partner an Bord
Vergleichbare Therapien gegen Hämophilie A und B haben Pfizer und Sangamo ebenfalls in die klinische Prüfung überführt. Mit dem Pharmakonzern Shire (Fokus auf seltene Krankheiten) und der Biogen-Tochter Bioverativ setzen zwei weitere namhafte Unternehmen auf den ZFN-Ansatz. Hervorzuheben sind dabei die laufenden präklinischen Projekte gegen ß-Thalassämie und Sichelzellerkrankungen. Eine klinische Prüfung dürfte ebenfalls in diesem Jahr anrollen.
Shire hingegen erhofft sich eine neue Behandlungsmethode gegen Chorea Huntington, welche auch unter dem umgangssprachlichen Namen Veitstanz bekannt ist. Bislang gibt es nur Medikamente, die einzelne Symptome der erblichen Erkrankung des Gehirns mindern. Die Erwartungen an die Sangamo-Technologie sind hoch, sodass immer mehr Firmen das Potenzial entdecken.
Was plant Celgene?
uf der Homepage des Columbia University Medical Center ist vor Kurzem ein Beitrag zu Celgenes Krebszentrum aufgetaucht, in dem der Konzern betont, dass Zinkfinger-Transkriptionsfaktoren ein „aussichtsreicher Bereich“ für die Wirkstoffforschung sind. Gut möglich, dass Celgene in Zukunft massiv in diese Technologie investiert.
In diesem Zusammenhang passt auch, dass sich der Biotech-Gigant vor wenigen Wochen von einem rund vierprozentigen Anteil am Gen-Schere-Spezialisten CRISPR Therapeutics verabschiedet hat. Zwar bleibt Celgene mit rund acht Prozent zunächst an Bord. Doch der Verkauf ist ein eindeutiges Signal, dass Celgene nicht zu 100 Prozent vom umstrittenen CRISPR-Ansatz überzeugt ist. Sollte der Aktien-Musterdepotwert des aktionär tatsächlich verstärkt auf den Einsatz der Zinkfinger-Technologie setzen, sollte dies deutliche Spuren am Kurs von Sangamo Therapeutics – dem weltweit führenden Entwickler von Zinkfinger-Nukleasen – hinterlassen.
Biotech-Must-have für 2018
Ohne Frage, auf Jahressicht ist die Sangamo-Aktie bereits extrem gut gelaufen. Gelingt es der Biotech-Schmiede jedoch, in Kürze erste positive Studiendaten zu liefern und neue Partner an Land zu ziehen, dürfte das spekulative Papier den steilen Aufwärtstrend fortsetzen. Hinzu kommt das handfeste Interesse großer Biotech-Firmen wie Celgene, die Sangamo on top einen Schuss Übernahmefantasie verleihen. Die Aktie sollte in keinem spekulativen Depot fehlen und bei größeren Rücksetzern eingesammelt werden.
Hinweis: Dieser Artikel erschien bereits in Ausgabe 04/18 von DER AKTIONÄR, welche hier als Download erhältlich ist.