Aufregung in den USA. Präsident Joe Biden will offenbar die Steuern für wohlhabende Amerikaner kräftig erhöhen. Um sein Konjunkturprogramm zu finanzieren, soll die Kapitalertragssteuer ab einem Jahreseinkommen von über einer Million Dollar von 20 auf 39,6 Prozent steigen. Die Börse ist besorgt. Zu Recht?
Steuererhöhungen mag keiner, natürlich auch nicht die Anleger. Deswegen war die erste Reaktion der Börsianer nachvollziehbar: Sie nahmen Gewinne mit. Heftig erwischte es den Bitcoin: Die Kryptowährung, beliebt bei etlichen Wohlhabenden, rauschte unter die 50.000-Dollar-Marke.
Am Freitag beruhigten sich zumindest die Aktienkurse wieder. Denn: Biden will mit dem Geld aus den Steuereinnahmen keine Löcher im Staatshaushalt stopfen, sondern enorm investieren. Insgesamt will der Präsident zwei Billionen Dollar in die Infrastruktur stecken und die amerikanische Konjunktur damit kräftig ankurbeln. Mehr BIP-Wachstum ist natürlich eine gute Grundlage für die Aktienkurse.
Allerdings stellt sich die Frage, ob Biden mit seinem Plan überhaupt durchkommt. Wohlhabende mehr zu belasten, mag bei der breiten Bevölkerung gut ankommen, allerdings nicht bei besserverdienenden Lobbyisten. Goldman Sachs vermutet daher, dass es am Ende einen Kompromiss geben wird und es nicht 39,6, sondern 28 Prozent Kapitalertragssteuer werden.
Kann die Börse damit leben? Beim letzten Mal, als die Kapitalertragssteuer erhöht wurde (2013), verkauften die reichsten Amerikaner laut Goldman Sachs ein Prozent ihres Aktienvermögens. Laut Daten der US-Notenbank belief sich das Aktienvermögen der Wohlhabenden zuletzt auf 17,8 Billionen Dollar. Wiederholt sich 2013, würden Aktien im Wert von 178 Milliarden Dollar verkauft.
Besonders unter Druck gerieten damals Momentum-Aktien. Verständlich: Man verkauft am ehesten die Positionen, die weit im Plus liegen und auf die man mehr Steuern bezahlt.
Aktuell wären demnach etwa Tesla (415 Prozent in zwölf Monaten), Moderna (265 Prozent) oder Paypal (130 Prozent) in Gefahr.
Insgesamt müssen sich die Börsianer aber keine großen Sorgen machen, denn (steuer-)politische Börsen haben kurze Beine. Im Schnitt gaben die Aktienkurse sechs Monate vor der Erhöhung der Kapitalertragssteuer um drei Prozent nach. Nach der Erhöhung kletterten sie knapp 15 Prozent.
DER AKTIONÄR legt sich fest: Der Börse wird auch der jetzige Steuerplan nicht lange schaden. Aktien bleiben alternativlos. Jeder Rücksetzer ist eine Kaufchance für langfristig denkende Anleger.