Die Fachleute der Euro am Sonntag verweisen auf die kurzen drei Wochen, in denen Werner Baumann erst Vorstandsvorsitzender von Bayer ist. Dennoch möchte er bereits eine Rekord-Übernahme für deutsche Unternehmen tätigen und die wohl von den Menschen mit am meisten gehasste Firma Monsanto kaufen. Monsanto steht vor allem für gentechnisch verändertes Saatgut und das umstrittene Herbizid Glyphosat. Die Geschäfte von Bayer und Monsanto passen eigentlich gut zusammen, denn Bayer wollte ohnehin das Geschäft mit Saatgut stärken, während Monsanto die Sparte Pflanzenschutz-Mittel ausbauen wollte. Auch geografisch ergänzen sich die beiden Unternehmen.
Um diese Übernahme zu finanzieren, müsste Bayer wohl die Beteiligung an der einstigen Kunststoff-Sparte Covestro verkaufen sowie die Sparte Tiermedizin und vielleicht sogar Teile des Pharma-Geschäfts. Ganz sicher aber dürfte Bayer neue Aktien verkaufen und mit dieser Kapitalerhöhung den Gewinnanteil der Altaktionäre verwässern. Eine höhere Verschuldung passt den Anlegern auch nicht, wie der Kurssturz belegt. Bayer wies zum 31. März eine Eigenkapitalquote von 32,3 Prozent und Netto-Schulden von 16,3 Milliarden Euro aus.
Baumanns Vorgänger Marijn Dekkers hat Bayer von einem weitverzweigt tätigen Konglomerat zu einem vor allem auf die Sparte Pharma/Gesundheit konzentrierten Konzern gemacht. Die Anleger würdigten das, indem sie Rekordkurse bezahlten. Mit einer Übernahme von Monsanto würde sich Bayer grundlegend verändern. Der Umsatzbeitrag der Sparta Landwirtschaft würde von 22 auf 40 Prozent steigen und aus einem Pharma-Konzern würde ein Pharma- und Agrar-Unternehmen. Das bedeutet ein viel zyklischeres Geschäft und eine hohe Abhängigkeit von stark schwankenden Agrar-Rohstoffpreisen. Monsanto leidet stark unter dem Abschwung im Agrarsektor und steht unter Handlungsdruck. Dabei sehen sich die aggressiven US-Amerikaner als Käufer, nicht als Übernahmeziel.
Die Kartellbehörden könnten eine Übernahme verbieten. Am Ende könnte wegen der Monsanto-Ansprüche doch lediglich eine Zusammenarbeit oder eine Gemeinschaftsfirma vielleicht unter Beteiligung von BASF stehen. Für Bayer wäre das wohl die beste Lösung. Anleger sollten die Aktie mit einem Kursziel von 98 Euro und einer Absicherung bei 81 Euro halten.