Inmitten von Klagen wegen des Unkrautvernichters Glyphosat entledigt sich Bayer mit viel Geld anderer Rechtsrisiken in den USA. Mit einem 775 Millionen Dollar schweren Vergleich will der Dax -Konzern einen Schlussstrich unter rund 25 000 Klagen wegen möglicher Gesundheitsschäden durch seinen Blutgerinnungshemmer Xarelto ziehen. Bayer und das Partnerunternehmen Janssen Pharmaceuticals hätten sich mit den Klägern grundsätzlich auf die Summe von umgerechnet 686 Millionen Euro geeinigt, teilte der Konzern am Montag in Leverkusen mit. Der Vergleich werde nahezu alle in den USA anhängigen Klagen erfassen, betonte Bayer.
Xarelto ist einer der wichtigsten Wachstumsträger in der Pharmasparte von Bayer. Mit einem Erlös von 3,6 Milliarden Euro und einem Wachstum von zehn Prozent war es 2018 das mit Abstand umsatzstärkste Medikament des Konzerns. Allerdings sieht sich Bayer seit Jahren vor allem in den USA mit einer wachsenden Zahl von Klagen konfrontiert, in denen Patienten oder deren Angehörige das Medikament für Gesundheitsschäden wegen unerwünschter Blutungen und sogar Todesfälle verantwortlich machen. Allein in den vergangenen zweieinhalb Jahren stieg die Zahl der Klagen von rund 14 000 auf 25 000.
Trotz des Vergleichs sei Bayer weiter überzeugt, dass die Klagen jeglicher Grundlage entbehrten, betonte der Konzern. Der Vergleich bedeute deshalb auch nicht die Anerkennung einer entsprechenden Rechtspflicht. Alle sechs bisher verhandelten Verfahren seien zugunsten von Bayer und Janssen ausgegangen. Doch ermögliche der Vergleich, Ablenkungen und hohe Kosten zu vermeiden, die durch einen Fortgang der Rechtsstreitigkeiten entstehen würden. Indes behielten sich die Konzerne vor, von dem Vergleich zurückzutreten, wenn er nicht von einer ausreichenden Zahl von Klägern akzeptiert werde.
Der Vergleichsbetrag werde von beiden Unternehmen zu gleichen Teilen getragen, hieß es. Bayer geht außerdem davon aus, dass sein Anteil teilweise durch die Produkthaftpflichtversicherung gedeckt wird.
Ein Ende des Streits um Xarelto wäre für Bayer eine willkommene Erleichterung. Derzeit beschäftigt den Konzern ein noch viel größeres Problem: Die Auseinandersetzung um den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup, die sich Bayer bei der Übernahme des US-Konzerns Monsanto aufgeladen hat. Bis Ende Januar wurden Monsanto in den USA bereits etwa 11 200 Klagen zugestellt.
Hier musste Bayer erst vor wenigen Tagen vor einem Gericht in San Francisco einen empfindlichen Rückschlag hinnehmen, als die Jury einstimmig befand, dass das Produkt mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat ein wesentlicher Faktor für die Lymphdrüsenkrebserkrankung des Klägers gewesen sei. Der Aktienkurs des Pharma- und Agrarchemiekonzerns brach daraufhin ein und bröckelte seitdem weiter ab. Die Wahrscheinlichkeit steige, dass Bayer eine große Zahl der vielen Tausend Glyphosat-Klagen in den USA verlieren könnte, warnte deshalb Michael Leacock vom Investmenthaus Mainfirst. Er rechne aktuell mit rund elf Milliarden Euro an Rechtskosten für den Konzern.
Mit Material von dpa-AFX.