Die anhaltend hohen Energiekosten sind vermutlich nach den konjunkturellen Sorgen der derzeit größte Belastungsfaktor für die Kurse der Chemieriesen BASF und Evonik. Abhilfe könnte zumindest bei den deutschen Werken ein günstiger Industriestrompreis schaffen. Doch für diese Konzepte gibt es auch Kritik.
So warnt der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, die Bundesregierung vor der Einführung eines Industriestrompreises. "Der Industriestrompreis ist ein Fehler. Wir sollten das Geld nicht in die energieintensive Industrie stecken, sie wird auf Dauer ohnehin verschwinden", sagte Schularick der "Rheinischen Post" (Samstag). "Deutschland wird auch mit Industriestrompreis kein Land mit günstiger Energie. Auch grünen Strom können andere Länder günstiger herstellen."
Die Forderungen der Chemieindustrie hält der IfW-Chef für übertrieben: "Es geht nicht um Millionen Jobs, das Lamento der Chemieindustrie verzerrt das Bild. Die energieintensiven Industrien machen gerade mal drei Prozent des Sozialprodukts aus", sagte Schularick. Auch für die Autoindustrie sieht der Ökonom nach eigenen Angaben keinen Hilfsbedarf: "Gäbe es keine Teslas, würden die deutschen Konzerne noch immer den Verbrennermotor optimieren. Die Autobauer haben den Fortschritt verschlafen", sagte Schularick. "Ich empfehle der Wirtschaft mehr Risikofreude."
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat einen staatlich subventionierten, geringeren Industriestrompreis vorgeschlagen. Langfristig soll die Industrie von günstigem Strom aus erneuerbaren Energien profitieren. Weil Maßnahmen dazu aber Zeit brauchen, soll es in einer Zwischenphase bis 2030 einen "Brückenstrompreis" geben von 6 Cent pro Kilowattstunde - für einen "klar definierten Empfängerkreis", wie es in einem Papier heißt. Die 16 Bundesländer hatten zuletzt vom Bund einstimmig die schnelle Einführung eines günstigen Industriestrompreises gefordert. Die FDP ist aber dagegen.
Es dürfte spannend werden, was in dieser Frage in den kommenden Monaten geschehen wird. Hauptverantwortlich für den Kursverlauf von BASF und Evonik dürfte aber weiterhin in erster Linie die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft sein. Die beiden Aktien sind derzeit nicht für nervenschwache Anleger geeignet. Die Stoppkurse sollten bei 15,00 Euro beziehungsweise 42,00 Euro belassen werden.
Mit Material von dpa-AFX
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