Die nächsten Jahre werden für die Autobauer eine Herausforderung. Der weltweite Autoabsatz stagniert. Daimler, BMW & Co müssen zig Milliarden in die Entwicklung von Elektroautos, neue Mobilitätsdienste und selbst fahrenden Autos stecken. DER AKTIONÄR sprach mit dem Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer über den Stand der Dinge.
DER AKTIONÄR: Herr Dudenhöffer, die Autobauer waren lange Zeit erfolgsverwöhnt. Der Verbrennungsmotor ließ die Kassen klingen und die Absatzzahlen kletterten angetrieben durch China immer weiter. Jetzt sieht die Situation völlig anders aus. Hohe Investitionen in die Elektromobilität und sinkende Absatzzahlen bestimmen das Bild. Wie wird es ihrer Meinung nach weiter gehen?
Ferdinand Dudenhöffer: Die nächsten 5 Jahre werden schwer. Einerseits der Einbruch in China durch die Zollkriege des US-Präsidenten, dann Iran - der Markt hatte sich erholt bis Donald Trump kam -, dann BREXIT, das dicke Ende kommt hier erst noch, Türkei, Italien Verschuldung und, und , und. Also eine Reihe von Konjunkturproblemen, die bei Autobauern und Zulieferer durchschlagen. Dann auf der anderen Seite der Umbruch in die Elektromobilität. Das muß jetzt schnell gehen, sonst kommen hohe Strafzahlungen. Und es wird sehr teuer. Und immer noch sind beim ein oder anderen Diesel-Aufräumarbeiten zu machen. Also schlechte Zeiten für Dividenden. Entwicklungsprogramme in autonomes Fahren werden gekürzt. Mobility Services zusammengestrichen, Mitarbeiter mit „goldenen Handschlag“ verabschiedet und dünne Margen mit Elektroautos. Nicht ein Problem, sondern ein Sack voll. Wir sind mitten drin in den biblischen „sieben dürren Jahren“
DER AKTIONÄR: Wie bewerten Sie den Swing hin zur Elektromobilität. Ist das ihrer Meinung nach der richtige Schritt?
FD: Absolut richtig und notwendig. Und absolut richtig und notwendig sind reine Elektroauto-Plattformen wie die MEB für die Volumenmarken und PPE für den Premiumbereich im Volkswagenkonzern. Das ist Tesla-Denke und die setzt sich durch. Dabei sind wir mit Innovationen bei Elektroautos noch lange nicht am Ende. Porsche setzt mit seinem neuen Schellladesystem mit 800 Volt den Industriestandort für Premium und die Batteriehersteller bauen mit billigen Kapital ihre Kapazitäten auf. Lithium-Ionen-Zell-Produktionen und Anoden- und Kathodenmaterialien sind die Highflyer
der nächsten 10 Jahre. Da findet das größte Wachstum – vermutlich aller Branchen – weltweit statt. Japan, China, Korea hat die Nase vorn. Es lohnt sich die Aktien der Zellhersteller anzuschauen. Es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn das Wachstum nicht in gute Profite umgesetzt werden könnte.
DER AKTIONÄR: Sie sprachen von einem schwierigen Marktumfeld. Vor allem China schwächelt seit mehr als 17 Monaten. Wie geht es hier weiter. Schließlich besitzen noch nicht einmal 100 von 1.000 Einwohnern ein Auto. Zum Vergleich: In Deutschland kommen auf 1.000 Einwohner rund 570 Autos…
FD: China kommt wieder und geht weiter in seiner Motorisierung. Der Markt ist gut für 50 Millionen Neuwagen pro Jahr wenn er in seine Sättigungsgrenzen kommt. In diesem Jahr werden wir bei 20,5 Millionen liegen. Also da ist noch viel Platz nach oben. Das GDP muß wachsen und das kriegen die Chinesen schon hin. Und es ist ja nicht nur China. Die Chinesen ziehen das asiatische Umfeld mit,… und Sie haben großes Interesse an der Industrialisierung von Afrika. Die Amerikaner hatten sich immer nur für Öl interessiert. China interessiert sich für die Industrialisierung, denn mit Handel kann man viel gewinnen – auf beiden Seiten und nicht nur zerstören wie es Donald Trump tut. Daher wird die neuen Seidenstraße auch die Autokonjunktur in vielen Länder beflügeln. Also China wird Weltlokomotive.
DER AKTIONÄR: Die deutschen Autobauer stecken in der Krise. Hohe Investitionen in neue Antriebsformen und neue Mobilitätsdienste werden die Gewinne in den nächsten Jahren auffressen. BMW, Daimler oder VW, wer hat ihrer Meinung nach die besten Karten?
FD: Der VW-Konzern hat die besten Karten. VW-Chef Herbert Diess hat vor drei Jahren mit der Neuausrichtung Gas gegeben und das kann man an den Elektromobilitäts-Plattformen und dem ID3 und Porsche Taycan sehen. Und wir sollten mit dem neuen Chef Duesmann auf Audi gespannt sein. Dennoch müssen alle drei Abstriche bei den Plänen zum autonomen Fahren und den Mobility Services machen. Mobility Services sind heute große Geldvernichtungsanstalten. Da hat man sich viel zu viel versprochen. Weniger auf die Mobilitäts-Gurus der Welt zu hören zahlt sich heute aus. CarSharing hat hohe Kapazitätskosten und selbst die UBER dieser Welt – die nur von den Provisionen von Taxifahrern leben – sind bringen katastrophale Verluste. Egal ob MOIA oder Reach Now, da muß abgebaut werden
DER AKTIONÄR: Viele Newcomer haben auf die Bühne betreten. Der Elektroautobauer Tesla sorgt seit Jahren für Schlagzeilen, hinzu kommen Nio oder Faraday Future oder Sono Motors. Auch Amazon und Apple etc wollen in diesem Markt….
FD: Das wird ruhiger werden. Nach meiner Einschätzung bleibt Tesla übrig und wird eine weltweite Spitzenmarke im Premiumgeschäft, die durchaus in den 2 Millionen Neuwagenverkauf in den nächsten 15 Jahren wachsen kann.
DER AKTIONÄR: Zuletzt gab es uter dne Autobauern mehrere Kooperationen. Wer könnte ihrer Meinung nach gut zusammenpassen um die Zukunft gemeinsam zu gestalten?
FD: Ich denke, keiner der Japaner und Koreaner macht mit Europäern Sinn. Renault-Nissan zeigt ja wie schwer das werden kann und die Japaner werden in der nächsten Dekade eher Zuschauer statt Gestalter in der Autoindustrie sein. Bei den Amerikaner braucht niemand GM und Fiat-Chrysler ist quasi schon „verkauft“ an PSA. Ford ist sehr schwach und für VW in Teilbereichen interessant, aber wie gesagt nur in Teilbereichen. Also bleiben Geely, Great Wall – vielleicht noch ein bisschen BYD – die Staatkonzerne wie SAIC, FAW etc. und dann natürlich JaguarLandrover.
DER AKTIONÄR: Welcher Autobauer ist für die Zukunft am besten aufgestellt?
FD: Trotz Dieselgate der VW-Konzern. Ansonsten ist Daimler und BMW auf guter Spur, obwohl – oder weil - umgebaut wird.
DER AKTIONÄR: Und Tesla?
FD: Natürlich sind 98 Mrd. US-$ Marktkapitalisierung sehr hoch. Aber versuchen wir mal eine Einordnung zu finden. Schauen wir doch mal auf Tech-Unternehmen, denn da spielt ja Tesla. Die SAP hat eine Börsenkapitalisierung von 155 Mrd. und Alphabet – ok eine andere Liga – die 850 Mrd.. Aber es zeigt die Richtung. Und als drittes Argument. Vielleicht sind Autoaktien heute wegen der großen Transformation wirklich unterbewertet. Es kommt viel auf die klassischen Autobauer an Restrukturierung zu, was Tesla nicht hat. Also Tesla ist schon sexy.
Herr Dudenhöffer, vielen Dank für das Interview!