Am Montag hat vor einem Gericht in Kalifornien der Prozess zwischen Apple und „Fortnite“-Entwickler Epic Games begonnen. Im Kern geht es dabei um den Zugang von externen Entwicklern zum App Store von Apple. Für beide Unternehmen steht viel auf dem Spiel – entsprechend hart wird von Beginn an gekämpft.
Der Streit zwischen den beiden Unternehmen entbrannte im August 2020: Epic hielt sich nicht mehr an die seit mehr als einem Jahrzehnt geltende Vorgabe, dass virtuelle Artikel in seinem populären Spiel „Fortnite“ auf iPhones nur über das System der In-App-Käufe von Apple angeboten werden können. Dabei behält Apple 30 Prozent des Kaufpreises ein.
Epic-Anwältin Katherine Forrest verglich Apple deswegen mit einem Autobauer, der jedes Mal 30 Prozent vom Preis beim Auftanken haben wolle. Apple entgegnete, es seien in der Branche übliche Konditionen und die Investitionen in den Aufbau der Plattform rechtfertigten die Abgabe. Außerdem könnten „Fortnite“-Spieler digitale Inhalte oder die Spiel-Währung „V-Bucks“ auch anderswo kaufen und auf dem iPhone nutzen – ohne dass dabei etwas an Apple abfiele.
Epic-Chef legt vor
Der erste Prozesstag wurde von den Eröffnungsplädoyers und der Befragung von Epic-Chef Tim Sweeney ausgefüllt. Er sagte unter anderem, Apples Regeln schadeten „jeder Facette“ des Epic-Geschäfts. Er unterstütze das Recht von Apple, ein System für In-App-Käufe anzubieten - aber es müsse auch Raum für Alternativen geben.
Im Kreuzverhör wiesen Apples Anwälte Sweeney darauf hin, dass Epic kein Problem damit habe, zu identischen Konditionen auf Spielekonsolen wie Sonys Playstation oder Microsofts Xbox aktiv zu sein. Er argumentierte mit unterschiedlichen Ausgangspositionen: Konsolen-Hardware gelte als ein Verlustgeschäft, bei dem Geld über Spiele verdient werden müsse. Das iPhone sei hingegen hochprofitabel.
„Fortnite“ komme aktuell insgesamt auf 400 Millionen Spieler, sagte Sweeney. Die Apple-Anwälte betonten zugleich, dass die Konsolen für Epic eine viel wichtigere Geldquelle als das iPhone seien. So habe „Fortnite“ auf der Playstation sechs Milliarden Dollar bis Ende 2020 eingespielt und 3,5 Milliarden Dollar auf der Xbox. Auf dem iPhone habe Epic hingegen 750 Millionen Dollar eingenommen.
Der eigene App Store von Epic sei unterdessen hunderte Millionen Dollar davon entfernt, profitabel zu sein, sagte Sweeney. Er rechne mit schwarzen Zahlen dort erst in drei oder vier Jahren.
Im vergangenen Sommer schmuggelte Epic einen eigenen Kaufmechanismus in der iPhone-App an Apples Prüfern vorbei und aktivierte ihn im August. Apple warf die App daraufhin aus dem Store. Wer sie bereits auf dem Telefon hatte, kann sie aber weiter nutzen - und dabei digitale Artikel direkt bei Epic ohne App-Store-Abgabe kaufen. Er sei nicht sicher gewesen, ob Apple „Fortnite“ nach der Aktion aus dem App Store verbannen oder nachgeben würde, sagte Sweeney.
Heftige Vorwürfe und viele Fragezeichen
Epic wirft Apple in seiner Klage unfairen Wettbewerb vor – mit der Begründung, dass Apple ein Monopol beim App-Vertrieb auf dem iPhone habe. Apple entgegnet, dass man das iPhone nicht als eigenständigen Markt abgrenzen könne, sondern das Spielegeschäft auf verschiedenen Plattformen betrachten müsse. Bereits im Vorfeld hatte der Tech-Riese das aktuelle System verteidigt, bei dem Anwendungen nur über den App Store des Konzerns geladen werden können. Das sei unter anderem notwendig, um die Nutzer vor Betrug und Software-Fehlern zu schützen.
Wessen Argumentation Richterin Yvonne Gonzalez Rogers in dieser Frage folgt, könnte ein entscheidender Faktor für den Ausgang des Verfahrens werden. Zugleich ist davon auszugehen, dass die unterlegene Partei in Berufung geht.
Eine weitere Schlüsselfrage ist, ob der App Store als Teil der iPhone-Nutzung zu betrachten ist, wie Apple argumentiert. Der iPhone-Konzern verweist unter anderem darauf, dass man bei einem zentralisierten App Store die Möglichkeit habe, alle Anwendungen zu prüfen. Epic argumentiert, die App-Plattform müsse als ein separates Produkt gesehen werden. Schließlich lasse Apple auf seinen Mac-Computern seit jeher auch das Laden von Software aus anderen Quellen als dem hauseigenen App Store zu. Apple verweist darauf, dass die Sicherheitsanforderungen beim Smartphone höher seien.
Zum Prozessauftakt warf Epic-Anwältin Forrest Apple vor, der Konzern habe ein geschlossenes System rund um das iPhone aufgebaut, um Nutzer vom Wechsel auf Android-Telefone abzuhalten. Apple-Anwältin Karen Dunn konterte, Epic verlange, dass der iPhone-Konzern unsichere und ungeprüfte Apps auf die Plattform lasse. Sie griff ebenfalls zu einem bildhaften Vergleich: Bei der Frage nach der Markt-Eingrenzung verhalte sich Epic wie ein Weinproduzent, der eine Wettbewerbsklage anstrenge, aber dabei den Weinhandel ausklammere.
Auch die EU-Kommission ermittelt
Das Verfahren weist Parallelen zu den Ermittlungen der EU-Kommission auf, die Apple vergangene Woche unfairen Wettbewerb im App Store vorgeworfen hatte. Apple benachteilige andere Anbieter von Musikstreaming-Apps, erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Die Brüsseler Behörde sieht unter anderem ein Problem in der Regel, dass die Verkäufe von Abos in den Apps über Apples Bezahlplattform abgewickelt werden müssen.
Dabei behält der Konzern 30 oder 15 Prozent der Einnahmen ein. Spotify findet es unfair, dass für Apple als Plattform-Betreiber bei seinem eigenen Musikdienst wegen dieser Abgabe beim gleichen Abo-Preis mehr Geld übrig bleibe.
Auch im Brüsseler Fall argumentierte Apple, dass Nutzer die Abos ohne die Abgabe auf Spotifys Website erwerben und auf dem iPhone nutzen könnten. Die Kommission betrachtet - genauso wie Epic - das iPhone als eigenständigen Markt für den App-Vertrieb.
Der Ausgang des Prozesses ist noch völlig offen, könnte das App-Geschäft von Apple aber grundlegend verändern – schließlich ist das Service-Geschäft ein wichtiges und stark wachsendes Standbein des Tech-Konzerns. Die Anleger bleiben bislang allerdings gelassen: Am Tag des Prozessbeginns hat die Apple-Aktie rund ein Prozent zugelegt. Für langfristig orientierte Anleger bleibt sie ohnehin ein Basisinvestment.
Hinweis auf Interessenkonflikt:
Mit Material von dpa-AFX.