Als Gradmesser für einen Trend wird häufig die 200-Tage-Linie herangezogen. Wie gut oder schlecht ist es, wenn eine Aktie weit über oder unter dieser Linie liegt, oder sie gerade kreuzt? Sehen wir uns das anhand der Apple-Aktie einmal genauer an.
Rückschau: Nach über einjähriger Konsolidierung ist die Apple-Aktie Ende Juli 2016 erstmals wieder signifikant über ihre 200-Tage-Linie gestiegen. Daraufhin kam es zu einem gewaltigen Trend und das Papier hat sich in der Spitze seither mehr als verdoppelt. Zufall oder guter Indikator? Mehr noch, in der Folge stieg der Aktienkurs drei Mal (Feb 2017, Mai 2017, Sep 2018) etwa 25 Prozent über ihren GD200. Das waren jeweils optimale Zeitpunkte für vorübergehende Gewinnmitnahmen. Ebenfalls Zufall oder ein guter Hinweis für eine kurzfristige Überhitzung?
Apple jetzt unter der 200-Tage-Linie
Die folgende Grafik zeigt die Performance der Apple-Aktie jeweils drei Monate nachdem sie eine bestimmte Entfernung zu ihrer 200-Tage-Linie aufwies. Aktuell steht der Kurs beispielsweise bei 185,80 US-Dollar, die 200-Tage-Linie notiert bei 192,60 US-Dollar. Die Aktie liegt also 3,5 unter ihrem gleitenden Durchschnitt (roter Punkt in der Grafik). Die gestrichelte Linie zeigt die Durchschnittskurve der empirischen Ergebnisse an.
Die relative Lage zum GD200 ist informativ!
Die Grafik zeigt, dass es historisch gesehen für die Aktie vorteilhaft war, wenn sie entweder weit über oder unter ihrer 200-Tage-Linie notierte, sich also entweder in einem starken Auf- oder Abwärtstrend befand. Richtungslose Zeiten wurden hingegen eher von richtungslosen Zeiten gefolgt. Bleibt es bei diesem Muster, ist Apple trotz der deutlich zurückgekommenen Kurse aktuell kein Kauf. Aber ist die obige Kurve nur ein Einzelfall? Nein, Aktien in der Nähe ihres gleitenden Durchschnitts weisen ganz typischerweise schlechtere Renditeerwartungen auf, als wenn sie deutlich hierüber notieren. Nicht ganz prototypisch ist der Verlauf für Kurse unterhalb des gleitenden Durchschnitts. Die meisten Aktien performen schlechter, je mehr sie unter ihrem gleitenden Durchschnitt notieren. Das Ganze dreht sich erst ab etwa 30 Prozent Abstand zu ihrem GD – hier steigen die Chancen auf ein Kursrevearsal systematisch an. Ob eine Aktie gerade unter oder über ihren GD200 steigt bzw. fällt, ist hingegen statistisch gesehen nahezu unerheblich. Mehr Informationen stecken eindeutig in der relativen Lage zu diesem Indikator.
Fazit: Die 200-Tage-Linie ist weit davon entfernt, ein Allheilmittel zu sein. Aus der Lage einer Aktie relativ zu dieser Linie lassen sich aber gewinnbringende Informationen ziehen. In der aktuellen Situation besagen diese Informationen, dass sich eine Investition in die größte Aktie trotz erfolgter Korrektur der Welt derzeit nicht aufdrängt.
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Dr. Dennis Riedl ist professioneller Strategie-Entwickler und Autor der Börsenbriefe „Die Turnaround-Formel“ (+63% seit Feb 2017) und „TSI USA“ (+81% seit März 2016).