Die Messlatte lag hoch – und Amazon hat sie gerissen. Der E-Commerce-Gigant hat mit seinen Zahlen für das zweite Quartal die Erwartungen verfehlt, doch ein genauer Blick zeigt: Die Schmerzen sollten nur vorübergehend sein. Hinter den höheren Kosten steckt mal wieder ein genialer Plan von Amazon-CEO Jeff Bezos.
No pain, no gain, keine Schmerzen, kein Gewinn. Auf Amazon gemünzt heißt das: Der Konzern investiert mehr in seine Lieferzeiten, was auf die Margen drückt. Gleichzeitig steigt allerdings der Umsatz. Denn die Kunden lieben Geschwindigkeit.
„Unsere Auswertungen zeigen, dass die Lieferung innerhalb eines Tages sehr gut bei den Kunden angekommen ist“, sagt Neil Saunders, Analyst bei GlobalData Retail. „Durch den Service hat Amazon neue Prime-Kunden gewonnen.“
Saunders weiter: „Das sind keine vorübergehenden Erfolge, sondern sie führen dazu, dass Amazon langfristig weiter Marktanteile gewinnt.“
Wer also jetzt nach den Q2-Zahlen die Wachstumsstory von Amazon generell infrage stellt, irrt gewaltig. CEO Jeff Bezos hat längst erkannt, was der Kunde will: Service, Service und noch mehr Service. Er will die Waren schnell finden, schnelle Lieferungen und er will keinen Aufwand bei den Retouren. In den USA können Amazon-Kunden deshalb Rücksendungen ohne Verpackung, Klebeband und Retourenaufkleber zurückgeben. Sie müssen mit der Ware einfach nur zu einer von Tausenden Rückgabestellen im ganzen Land gehen und dort die Ware abgeben.
Fokus auf Langfristigkeit
„Amazons Wachstum erfordert entsprechende Investitionen“, so Eric Sheridan, Analyst bei der Schweizer Großbank UBS. „Kurzfristig sorgt dies für etwas Unruhe, langfristig sei seine positive Einschätzung aber intakt.“
Deswegen hat Sheridan das Kursziel für Amazon bei 2.100 Dollar belassen. Die Aktie sei nach wie vor ein Kauf.
Amazon macht das, was der Konzern seit über 20 Jahren tut: Der Konzern weitet den Service für seine Kunden massiv und setzt die Wettbewerber stark unter Druck. Die Kosten nimmt Bezos gerne in Kauf, denn der CEO weiß, dass sich viele Konkurrenten die 1-Tages-Lieferung nur schwer leisten können, wenn überhaupt. Amazon wird weiter massiv Kunden gewinnen - und durch mehr Automatisierung werden auch die Margen wieder steigen. Die Aktie bleibt ein Basisinvestment.