Amazon hat mit seinen Zahlen und mit seinem Ausblick in der vergangenen Woche enttäuscht. Die Aktie brach ein. Nun sehen einige Beobachter den E-Commerce-Konzern bereits über dem Zenit. Zu Recht?
„Amazon ist in viele Bereiche vorgedrungen – etwa Lebensmittel oder Streamingdienste“, schreibt das Handelsblatt am Montag. „Nicht überall läuft es gut. Kann der Konzern doch nicht alles?“ Und weiter: „Amazons Erfolg könnte seinen Zenit erreicht haben.“
Doch ist dem wirklich so? Klar, die Zahlen für Q3 waren nicht das Gelbe vom Ei. Auch der Ausblick war mau. Doch Amazon hat noch viel Potenzial, zum Beispiel im Cloud-Geschäft: Der Bedarf an Cloud-Diensten ist immens – und wird weiter stark steigen. Die Marktforscher von Gartner erwarten, dass der Umsatz mit Cloud-Computing bis 2021 auf 278 Milliarden Dollar zulegen wird. 2010 waren es gerade einmal 43 Milliarden. Kein Wunder, dass IBM in diesem Markt Gas geben will.
Kursfantasie ergibt sich auch durch Geschäftsbereiche, in denen Amazon noch gar nicht oder nicht besonders stark vertreten ist. Etwa im Modehandel. Hier will Bezos nun aber Gas geben und den Konkurrenten wie Zalando oder Asos nicht das Feld überlassen. In London hat Amazon nun einen Fashion-Shop eröffnet. Etliche weitere sollten folgen.
Der Modehandel wächst enorm. Allein die Amerikaner werden im Jahr 2022 voraussichtlich 140 Milliarden Dollar für Kleidung, Schuhe und Accessoires ausgeben. 2016 waren es lediglich 84 Milliarden Dollar.
Multi-Milliarden-Business
Während die meisten Top-Manager in den Konzernen lediglich den Status quo verwalten, testet Jeff Bezos seit Jahren ständig Neues. Die Daten, die Amazon von seinen Kunden hat, kann Bezos leicht nutzen, um ihnen etwa maßgeschneiderte Versicherungen anzubieten. Damit würde Bezos in eine Branche einsteigen, die in diesem Jahr 4.800 Milliarden Dollar an Beiträgen einnehmen wird!
Morgan Stanley weiter bullish
Auch die Experten von Morgan Stanley raten dazu, Amazon nicht abzuschreiben. „Wir bleiben nach den Zahlen bullish“, schreiben Brian Nowak und sein Team in einer aktuellen Studie. Amazon werde zwar mit dem 16-Fachen des EBITDA bewertet, was im Peer-Group-Vergleich zwar der höchste Wert ist. Doch dafür kommen weder Alphabet, Twitter, Electronic Arts oder Facebook auch nur annähernd an die 40 Prozent heran, die Amazon beim EBITDA zulegt.
Nowak hat zwar sein Kursziel für die Amazon-Aktie von 2.500 auf 2.400 Dollar gekürzt. Doch sein Rating lautet nach wie vor „BUY“.
Stopp bei 1.400 Euro
Langfristig sieht es weiterhin gut aus für Amazon. Kurzfristig allerdings ist der Chart schwer angeschlagen. Wer dabei ist, beachtet den Stoppkurs bei 1.400 Euro.