Die Allianz-Aktie wurde nach dem Brexit vom Markt gnadenlos abgestraft. „Übertrieben“, meint Bankhaus-Lampe-Analyst Andreas Schäfer. Die Dividende hält der Profi für so gut wie sicher.
DER AKTIONÄR: Herr Schäfer, wo sehen Sie derzeit das größte Problem für die Versicherer?
ANDREAS SCHÄFER: Das größte Problem sind ohne Frage die niedrigen Zinsen. Schließlich haben die Versicherer in Deutschland ihren Kunden jahrelang Lebensversicherungen mit Garantiezinsen von vier Prozent oder mehr verkauft. Das belastet die Bilanz. Bei der Allianz nicht so stark wie bei anderen, kleineren Wettbewerbern, weil die Allianz beruhigende Kapitalpuffer hat.
Wie sieht es beim Allianz-Konkurrenten Talanx aus?
Es kann schon sein, dass der LV-Bereich bei Talanx nicht besonders profitabel bleibt, wenn die Zinsen weiterhin so niedrig bleiben. Allerdings darf man nicht übersehen, dass das Geschäft für Talanx nicht besonders wichtig ist. Der Beirag zum EBIT beläuft sich auf deutlich unter zehn Prozent, bei der Allianz liegt er über zehn Prozent.
Was sind Ihrer Meinung nach die Wachstumstreiber bei Talanx?
Hannover Rück ist der entscheidende Faktor für Talanx. Bei dem Rückversicherer, an dem Talanx mit 50,2 Prozent beteiligt ist, läuft es ausgesprochen gut. Hannover Rück steuert 70 Prozent zum Talanx-Gewinn bei. Auch der Bereich Industrieversicherungen versichert sich, ebenso wie das internationale Geschäft, etwa in Mexiko. Der Vorteil dort: Die Versicherer müssen keine Garantiezinsen bezahlen.
Ein oft diskutiertes Thema bei den Versicherern in Deutschland ist die Combined Ratio, die Schaden-Kosten-Quote. Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass Allianz, Talanx und Co die Quote noch verbessern können?
Die Schweizer Versicherer haben gezeigt, dass man die Combined Ratio merklich verbessern kann. Dort liegt sie deutlich unter der deutschen Quote.
Welche Auswirkungen wird der Brexit auf die deutschen Anbieter haben?
Die wesentliche Auswirkung des Brexit ist die, dass die Kapitalmarktzinsen sehr wahrscheinlich unten bleiben werden. Das ist eigentlich alles. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Versicherungsgeschäft in Großbritannien nach dem Austritt schlechter laufen wird. Außerdem spielt das Geschäft dort für die meisten hiesigen Versicherungen eh nur eine untergeordnete Rolle. Die Allianz erzielt dort im Schnitt ein operatives Ergebnis von rund 200 Millionen Euro. Wenn das Pfund schwach bleibt, wird es hier aller Voraussicht nach einen Rückgang geben. Aber das kann die Allianz sicher verkraften.
Eines der Ziele von Allianz-Chef Oliver Bäte ist, die Digitalisierung voranzutreiben. Wird es irgendwann den klassischen Berater nicht mehr geben?
Die Zahl der Berater wird weiter zurückgehen. Die Berater, die bleiben werden, werden aber gewiss effizienter arbeiten. Der Berater kann zum Beispiel sehen, über welches Produkt oder über welche Leistung sich der Kunde via App informiert hat, und kann dann dem Kunden direkt ein passendes Angebot machen. Das spart Zeit und Geld. Es wird ein besseres Kundenmanagement geben, da bin ich mir sicher.
Trotz der niedrigen Zinsen: Würden Sie sagen, die Dividende ist bei der Allianz sicher?
Wie gesagt, verfügt die Allianz über ordentliche Kapitalpuffer. Deswegen sage ich: Sie ist sicher. Für 2016 können sich die Anleger also über mindestens 7,30 Euro je Aktie freuen.
Vielen Dank für das Interview.