Die Münchener Beteiligungsgesellschaft Mutares hat 2019 ihr Portfolio deutlich ausgebaut. Und doch ist die Arbeit von des Vorstandsteams um Robin Laik im Aktienkurs nicht ersichtlich. Wird Mutares am Kapitalmarkttag am 22. Oktober die Dividende von einem Euro bestätigen, kommt die Firma auf eine Rendite von 9,8 Prozent.
Zuletzt kämpfte Mutares mit der Ausrichtung der Beteiligungen. Einige Autozulieferer aus dem Portfolio haben die Prognosen für das laufende Jahr gekappt. Prominentestes Beispiel war die ebenfalls börsennotierte Tochter STS.
Nur, ist die schlechte Performance der Mutares-Aktie in den letzten Monaten gerechtfertigt? Mutares wurde in DER AKTIONÄR 43/2019 als Hot Stock empfohlen. Vor wenigen Tagen hat die Firma ein verbindliches Kaufangebot für die ÖBB-Tochter Q Logistics abgegeben. DER AKTIONÄR sprach mit den Vorständen Robin Laik und Johannes Laumann.
Herr Laik, Mutares ist in diesem Jahr vor allem durch zahlreiche Zukäufe aufgefallen, mit bisher sieben Akquisitionen haben Sie Ihre ambitionierten Transaktionsziele für 2019 bereits übererfüllt. Sehen Sie aktuell ein ideales Umfeld für Zukäufe oder was ist Ihr Erfolgsrezept?
Robin Laik: Ich denke, es ist eine Mischung aus einem vernünftigen Umfeld und der Umsetzung der erfolgreichen Wachstumsstrategie der Mutares. Wir haben in Italien und Nordeuropa 2019 zwei Büros eröffnet und sehen dort nun die ersten Erfolge. Ich bin überzeugt, dass das aktuelle, von Unsicherheit geprägte Umfeld zu unseren Gunsten ist, was weitere attraktive Zukäufe angeht.
Mutares hat ein verbindliches Kaufangebot für die ÖBB-Tochter Q Logistics abgegeben. Können Sie dazu schon Details nennen?
Johannes Laumann: Wir haben ein notariell verbindliches Angebot für den Erwerb hinterlegt, der unter dem Gremienvorbehalt der ÖBB liegt und können daher noch keine weiteren Details nennen. Eine Entscheidung erwarten wir bis spätestens Monatsende; ein Closing der Transaktion wird dann zum 31.12.2019 stattfinden. Aufgrund unserer kapitalmarktrechtlichen Verpflichtungen haben wir dieses verbindliche Angebot publiziert.
Q Logistics ist ein Sorgenkind bei der ÖBB. Was macht Sie so zuversichtlich, die Firma wieder auf profitablen Wachstumskurs zu bringen?
Johannes Laumann: Wir haben die Möglichkeit als Eigentümer das Unternehmen mittelständisch zu positionieren und mit unserem operativen Team die wesentlichen Prozesse innerhalb von Q Logistics zu optimieren. Gerade im Bereich Logistik haben wir innerhalb der Mutares eine weitreichende Branchenexpertise, um Q Logistics einen entscheidenden Mehrwert zu bieten. Als Anbieter von grenzüberschreitender Transportlogistik und Warehousing-Dienstleistungen verfügt Q Logistics über ein flächendeckendes Netzwerk in Österreich und bedient ein breites Spektrum an Kunden aus verschiedenen Industrien, zum Beispiel aus der Lebensmittel-, Pharma- und Fast-Moving-Consumer-Goods-Industrie. Hinzu kommen rund 920 hochqualifizierte Mitarbeiter, die 2018 einen Jahresumsatz von 250 Millionen Euro erwirtschafteten. Ich würde mich sehr über den erfolgreichen Abschluss der Transaktion freuen, da ich stark davon überzeugt bin, dass wir in der aktuellen Situation der Q Logistics der beste Eigentümer sind und gemeinsam mit den Mitarbeitern das Unternehmen wieder erfolgreich führen können.
Mit Plati hat Mutares im Mai die Übernahme eines Spezialisten für Kabelbäume, Fahrzeugkabel, Steckverbinder etc. abgeschlossen ¬ bei Leoni in Nürnberg will man das Kabelgeschäft hingegen loswerden. Wwas macht Mutares besser oder anders als der (größere) Wettbewerber?
Robin Laik: Wir haben einen deutlich flexibleren und agileren Ansatz. So sind wir bei Plati mit einem angemessen großen und erfahrenen operativen Team vor Ort und unterstützen die neue Mutares-Tochter im Bereich Supply Chain, Produktion, Finanzen und Qualitätswesen. Eine „Investition“, die sich lohnt: Plati entwickelt sich planmäßig und wir haben bereits erste Erfolge mit der neu gestarteten Diversifizierungsstrategie erzielt. So hat Plati bei BSH für den ersten Auftrag im Bereich „Weiße Ware“ den Zuschlag erhalten und dadurch weiteres Geschäft unabhängig von Automotive hinzugewonnen
Herr Laumann, seit Juli gehört mit Kico ein weiterer Automobilzulieferer zum Mutares Konzern. 2019 startete die Produktion von aktiven Aerodynamiksystemen, die auch in E-Autos zur Reichweitenerhöhung verbaut werden. Das Automotive-Geschäft von Mutares ist zwar eher unabhängig vom Antrieb, dennoch tun sich sämtliche Zulieferer aktuell schwer: Wie anspruchsvoll ist das Turnaround-Management im Automotive-Sektor in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen in der gesamten Autoindustrie?
Johannes Laumann: Ich denke jede Art von Turnaround-Management ist anspruchsvoll, da sie täglich mit nicht vorhersehbaren Unwägbarkeiten konfrontiert sind. Gerade in der aktuellen Situation ist es für uns wichtig, den Turnaround nachhaltig, aber schnell durchzuführen. Bei KiCo waren wir direkt nach der Übernahme mit zwei Neuanläufen von erstmalig gefertigten Produkten konfrontiert. In Kombination mit einem Turnaroundprozess ist dies keine leichte Aufgabe, die unsere Mannschaft aus erfahrenen Automobilexperten vor Ort zu meistern hat. Beide Anläufe sind zum heutigen Tag unter Kontrolle und wir fangen nun an, bestehende Prozesse zu optimieren und die Profitabilität zu steigern.
Sind angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen Zielkorrekturen in der Automotive-Sparte zu befürchten?
Johannes Laumann: Unsere Beteiligungen Elastomer, Plati und KiCo laufen in die richtige Richtung auf Ziel. STS Group sehen wir ebenfalls auf gutem Wege ihre Kapitalmarktguidance zu erreichen, auch unter den schwierigen Rahmenbedingungen. Wenn ich auf den Aktienkurs der STS Group blicke, sehe ich dort eine Entwicklung, die mir natürlich nicht gefällt. Wir haben dort vor kurzem ein Allzeittief mit einer Marktkapitalisierung von unter 25 Millionen Euro gesehen. Aus meiner Sicht spiegelt dies den Wert des Unternehmens nicht adäquat wider, zumal der jüngste Auftrag eines chinesischen E-Auto-Herstellers und Neukunden zeigt, dass die STS Group ihre strategischen Ziele konsequent verfolgt und bereits wichtige Meilensteine erreicht hat. Als Hauptaktionär sind wir mit dem Management der STS Group in ständigem Kontakt, um gemeinsam diese Entwicklung weiter positiv zu treiben.
Die Donges Group ist die Wachstumsperle im Mutares-Konzern. Sie haben zuletzt mit Normek, FDT und Ruukki einige strategische Add-on-Akquisitionen getätigt. Wie läuft die Integration der Zukäufe beziehungsweise generell die Arbeiten am Turnaround der Donges Group?
Johannes Laumann: Als CEO der Donges Group kann ich Ihnen stolz mitteilen, dass sich sowohl die Integration als auch die Arbeiten am Turnaround positiver entwickeln, als wir ursprünglich geplant hatten. Wir hatten bereits wesentliche Erfolge im Cross-Selling und treten immer häufiger gemeinsam beim Kunden auf, um den Umsatz pro Projekt zu erhöhen. Auch der Turnaround der Gesellschaften Kalzip, FDT und Normek ist nahezu abgeschlossen. Gerade Kalzip und FDT entwickeln sich prächtig und zeigen die besten operativen Ergebnisse der letzten Jahre. Kalzip hatte z. B. im Juli einen Allzeit-Rekord bei Umsatz und operativer Profitabilität.
Wir haben mit der Donges Group einen Europäischen Player geschaffen, der sich am Markt eine immer stärkere Position erarbeitet und in der Wahrnehmung der Kunden einen deutlichen Mehrwert liefert.
Mit dem Stahlbau unter anderem für Brücken und den Verkehr ist Donges ein potenzieller Infrastruktur-Profiteur, mit Fassaden- und Dachsystemen ein potenzieller Profiteur der Klimadiskussion – spiegelt sich das auch in der Geschäftsentwicklung der Gruppe wider?
Johannes Laumann: Exakt. Wir profitieren massiv von den erhöhten Infrastrukturmaßnahmen im Inland sowie in Nordeuropa. Mit unseren hochwertigen Dach- und Fassadenlösungen setzen wir Maßstäbe in Sachen Klimaneutralität. So bieten wir aktuell für ein großes Projekt im Großraum München mit unserem Gründach von FDT. Dort werden wir nicht nur PVC-freies Material verarbeiten, sondern auch durch eine Gewichtsreduzierung dafür sorgen können, dass die Unterkonstruktion deutlich leichter und damit günstiger werden kann. Mit Kalzip und Normek haben wir zwei Hersteller von Aluminium und Glasfassaden im Portfolio, die nachhaltige und langlebige Produkte herstellen. Übrigens sind wir bei der Donges Group mit unserem Partner Meerx Group gerade dabei, alle Fertigungsstätten mit LED-Beleuchtung, modernen Heizsystemen und Photovoltaikanlagen energieeffizient auszurüsten.
Im kommenden Jahr sollen bei der Donges Group 365 Millionen Euro Umsatz durch die Bücher gehen. Gegenüber dem Ziel 2019 in Höhe von 251 Millionen wären das zwar 45 Prozent Umsatzplus, angesichts der Ruukki-Akquisition, die 2019 rund 130 Millionen Euro umsetzen dürfte, klingt dieses Ziel eher konservativ, zumal sich allein in den letzten 24 Monaten der Umsatz mehr als verdoppelt hat. Planen Sie bewusst konservativ, weil die Konjunktur schwächelt? Und wie steht es um die Profitabilität der Donges-Gruppe mit Blick auf das kommende Jahr?
Johannes Laumann: Wir planen bei der Donges Group in der Tat etwas konservativer, da wir naturgemäß vom Projektgeschäft abhängig sind. Gerade große Projekte können sich aus diversen Gründen verschieben; das haben wir selten zu 100 Prozent in der Hand. Ich stehe voll hinter der aktuellen Planung und bin mir sicher, dass wir im Jahr 2020 auf annualisierter Basis einen Umsatz von 365 Millionen Euro – das entspricht einem Tagesumsatz von 1 Million Euro.
Die operative Profitabilität der Donges Group erwarte ich branchenüblich bei rund 5 Prozent vom Umsatz. Die Integration und das Erzielen von Synergien innerhalb der Gruppe können die Profitabilität darüber hinaus zusätzlich positiv beeinflussen. Daran arbeitet das Managementteam gemeinsam mit Beratern der Mutares Consulting hart. Die Donges Group steht für ein klares Umsetzen unserer Buy-and-Build-Strategie und die Fähigkeit, eine Gesellschaft operativ nach vorne zu bringen. Eine tolle Mannschaftsleistung aller Beteiligten!
Herr Laik, das Management hat eine Dividende von 1,00 Euro mit einer gewissen Nachhaltigkeit in Aussicht gestellt. Gehen Sie davon aus, dass die Rückflüsse aus den Beteiligungen ausreichen werden, um ohne größere Exits eine derart hohe Ausschüttung bestreiten zu können?
Robin Laik: Als größter Einzelaktionär sehe ich diesem Punkt sehr positiv entgegen.
Auf der Exit-Seite war es zuletzt aber eher ruhig bei Mutares, welche Beteiligungen wären grundsätzlich exitreif? Bzw. wie sieht Ihre Exit-Pipeline aus, können die Anleger auf eine Erfolgsmeldung in den nächsten Monaten auf der Verkaufsseite hoffen?
Robin Laik: Das ist eine Frage, die ich Ihnen nicht so direkt und konkret beantworten darf. Gemeinsam, unter Führung unseres neuen CIOs Johannes Laumann, haben wir entschieden, das Thema Exit und Portfoliofokussierung in 2019 und 2020 deutlich aggressiver anzugehen. Wir werden Gesellschaften verkaufen, deren Turnaround-Prozess wir erfolgreich begleitet haben und die nicht mehr in unsere Investitionsstrategie innerhalb der drei Sektoren Automotive & Mobility, Engineering & Technologie und Goods & Services passen. Ich erwarte erste Nägel mit Köpfen in 2019 und eine verstärkte Aktivität in 2020.
Angenommen es kommt zu nennenswerten Beteiligungsverkäufen, könnte dann auf den avisierten Euro Dividende sogar noch etwas on Top kommen?
Robin Laik: Wir verfolgen stehts das Ziel, unsere Aktionäre angemessen am Erfolg der Mutares zu beteiligen. Bei steigendem Erfolg für Mutares steigt auch der Erfolg der Aktionäre.
Mutares hat für 2022 eine Steigerung auf 2 Milliarden Euro Umsatz als Ziel ausgegeben. Mit Blick auf 2022 wären das zehn Prozent Wachstum pro Jahr, seit Gründung lag das Wachstum im Schnitt bei 56 Prozent. Auch wenn man den Basiseffekt berücksichtigt, klingt das etwas vorsichtig?
Robin Laik: Sie müssen berücksichtigen, dass wir in 2018 von etwas über 800 Millionen Euro Umsatz kommen, ein temporär sinkender Umsatz während der Turnaround-Phase einzelner Beteiligungen nicht immer etwas Schlechtes bedeutet und angedachte Exits sich ebenfalls in der Umsatzentwicklung niederschlagen werden. In unserem Geschäftsmodell ist es wichtig agil und entscheidungsfreudig zu sein. Diese Tugenden, gepaart mit einer gewissen Aggressivität des Gewinnenwollens, werden uns auf die 2 Milliarden Euro Umsatz bringen. Da bin ich mir sicher!
Herr Laik, Herr Laumann, vielen Dank für das Gespräch.