Die Hochzeit der Tochter aus der Luft filmen, Sturmschäden auf dem Dach inspizieren, den Nachbar ausspionieren, Luftkrieg spielen, Pizzas ausliefern oder Rehe im hohen Gras finden
– die Einsatzmöglichkeiten von Drohnen sind grenzenlos. Dank GPS-Chips und Flugstabilisatoren kann sie mittlerweile jedes Kind steuern. Nur eines ist gefährlich: Fliegt man zu hoch und bekommt die Drohne zu viel Rückenwind, werden viele davongetragen und stürzen ab.
Einen extremen Höhenflug erlebt gerade der weltgrößte Drohnenhersteller DJI. Die Chinesen haben eine Finanzierungsrunde zu einer Bewertung von acht Milliarden US-Dollar abgeschlossen. Eingestiegen in die nicht börsennotierte Firma ist etwa Facebook- und Dropbox-Investor Accel. Die Bewertung ist hoch: Selbst wenn DJI 2015 erneut um 100 Prozent wächst und eine Milliarde Dollar erlöst, liegt das Kurs-Umsatz-Verhältnis bei 8!
Die erst 2006 gegründete DJI ist mit einer Vielzahl unterschiedlicher Drohnen mit Preisen von bis zu 4.200 Euro der Branchen-Highflyer. Doch auch Parrot zeigt seit 2010 beachtliches Wachstum. Die Franzosen setzen weniger als die Chinesen auf extrem hochauflösende Videobilder, sondern mehr auf den Spielspaß und innovative Steuerungen. Das neue Gerät Bebop wird etwa per Tablet oder Smartphone durch die Luft navigiert. Per „Skycontroller“ (siehe Bild) kann der Hobbypilot die Reichweite sogar auf bis zu zwei Kilometer steigern. Auch deswegen überzeugt das ab 500 Euro erhältliche Modell in zahlreichen Vergleichstests.
Produkt fliegt – Aktie nicht
Das Fluggerät muss den Vergleich mit der Phantom-Serie von DJI nicht scheuen. Alleine im Jahr 2014 hat Parrot weltweit 700.000 solcher Endkunden-Drohnen verkauft. Doch während die chinesische Firma von Investoren in den Himmel gehoben wird, liegt die Bewertung des französischen Drohnenpioniers Parrot noch am Boden. Das KUV der gesamten Firma, welche neben Drohnen auch mit Auto-Freisprecheinrichtungen und Internet-Autoradios sein Geld verdient, liegt gerade einmal bei 1,2. Haben internationale Investoren die französische Parrot einfach nur übersehen? Gut möglich. Auch um das zu ändern, hat Parrot jetzt mitten in San Francisco eine Niederlassung eröffnet. „Wir unterstreichen mit dem Büro im Silicon Valley unsere ambitionierten Wachstumspläne und senden damit eine starke Message“, so CEO Henri Seydoux. Die Nachricht kommt an. Seit Ende April hat die Parrot-Aktie Aufwind.
Hilfe für Landwirte
In den USA sieht Parrot neben der Spielzeugdrohne Bebop vor allem für professionelle Fluggeräte großes Wachstumspotenzial. Darunter fällt die eBee für den landwirtschaftlichen Einsatz und die Landvermessung. Hergestellt wird eBee von der Tochter Sensefly, welche die Franzosen im Juli 2012 für fünf Millionen Franken übernommen hatten. Wo früher teure Hubschrauber eingesetzt wurden, um Musikkonzerte zu filmen oder Hochwasserprognosen abzugeben, fliegen nun Drohnen.
356 Prozent Wachstum
2014 wuchs das Drohnengeschäft der Franzosen insgesamt um 97 Prozent auf 83 Millionen Euro (34 Prozent der Gesamtumsätze). Und die Nachfrage nach den Spielzeug- und zivilen Arbeitsdrohnen bleibt extrem hoch: Am 13. Mai legte Parrot seine Zahlen für das erste Quartal vor. Alleine der Umsatz mit Drohnen schnellte um 356 Prozent auf 35 Millionen Euro nach oben. Groß geworden sind die Franzosen mit Freisprecheinrichtungen und Navigationslösungen. Kunden wie BMW oder Aston Martin setzen auf fest installierte Internetstationen und -radios von Parrot. Doch dieser Geschäftsbereich bereitete zuletzt Probleme. 2014 gingen die Umsätze hier um 17 Prozent auf 136 Millionen Euro zurück. Bereits im Januar gab man bekannt, die strategische Ausrichtung neu zu prüfen. Immerhin: Im April gab es einen Lichtblick. Ein „deutscher Premium-Autohersteller“ startete die Massenproduktion für einen viertürigen Sportwagen. In dessen Rücksitzen für die hinteren Insassen verbaut: intelligente Touchscreens von Parrot. Während Papa fährt, können die Kinder so Apps abrufen, Videoanrufe tätigen oder Musik hören. Der große Durchbruch solcher Lösungen steht noch aus – er scheint jedoch nur eine Frage der Zeit zu sein. Von einem Turnaround scheint auch das Parrot-Management auszugehen. Erst im März wurde ein neues Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 150.000 Stück gestartet. Auch Privatanleger sollten ins Auge fassen, das Papier auf diesem Niveau einzusammeln. Eine einfache Beispielrechnung zeigt das Potenzial: Würde das Drohnenbusiness von Parrot 2015 um 50 Prozent wachsen und ein ähnliches KUV wie bei DJI angesetzt (und dazu das Restgeschäft mit einem einfachen Umsatz addiert), würde die Parrot-Aktie statt bei 24 bei 90 Euro stehen. Auch wenn DJI ein Marktführerbonus zugestanden werden muss: Parrot ist ein attraktiver Drohnen-Play.
Parrot: Im Windschatten von DJI
Der jüngste Drohnen-Deal bei DJI rückt den Fokus auf Parrot. Auch das verstärkte Engagement in den USA könnte die Parrot-Aktie zum Fliegen bringen. Anders als DJI hat die Bewertung von Parrot nicht die Bodenhaftung verloren. Viel Action ist garantiert, ein Absturz jedoch unwahrscheinlich.
Dieser Artikel ist in der AKTIONÄR-Ausgabe 22/2015 erschienen.
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