Wer vor sieben Jahren bei Delticom im Hoch bei 82 Euro auf die Aktie der Niedersachsen gesetzt hat, saß zwischenzeitlich auf Verlusten von über 96 Prozent. Aus einem Börsenwert von einer Milliarde wurden weniger als 40 Millionen Euro. Wer Anfang November der Trading-Empfehlung des AKTIONÄR gefolgt ist, liegt mittlerweile über 40 Prozent im Plus.
Die jüngsten Zahlen bei Delticom waren zwar alles andere als gut. In den ersten neun Monaten verbuchte der Online-Reifenhändler einen operativen Verlust von 7,6 Millionen Euro, während ein Jahr zuvor noch ein Plus von 3,4 Millionen Euro in den Büchern stand. Der Umsatz lag mit 420 Millionen Euro nur knapp über dem Vorjahresniveau. Die Jahresprognosen wurden gekappt.
Mit den Zahlen wurde Mitte November aber auch erklärt, dass der Vorstand an einer Trendwende arbeite und angesichts eines zunehmend schwieriger werdenden Geschäftsumfeldes ein umfassendes Konzept zur nachhaltigen Rückkehr in die Gewinnzone, Steigerung der Profitabilität und Fokussierung auf das Kerngeschäft "Reifen Europa" erarbeitet habe.
Der Online-Reifenhändler will sich künftig wieder stärker auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Dazu wurde ein Berater beauftragt, der sowohl eine Veräußerung von einzelnen Geschäftsbereichen als auch die Beschaffung von zusätzlichem Eigen- oder Fremdkapital und die Prüfung einer möglichen gänzlichen oder teilweisen Übernahme von Delticom durch einen Investor evaluiert.
Potenzielle Interessenten wurden bereits angesprochen. Das Geschäft mit Ersatzteilen und Schmierstoffen soll dem Vernehmen nach bereits Anfang 2020 eingestellt werden, die Beschäftigten würden in andere Sparten übernommen. Alle weiteren Geschäftsfelder außerhalb der Segmente Reifen und Kompletträder (damit auch der Bereich Online-Lebensmittelhandel) sollen überprüft werden.
In einer ersten Reaktion zeigten sich Anleger Mitte November noch geschockt von der schwachen operativen Entwicklung. Die Aktie rutschte zwischenzeitlich unter die 3-Euro-Marke ab. Doch mittlerweile haben die Optimisten, die auf eine erfolgreiche Sanierung spekulieren, wieder das Ruder übernommen – und die Aktie auf über 4,50 Euro getrieben. In Finanzkreisen machten dabei zuletzt auch Übernahmegerüchte die Runde.
Bei Delticom sind zwar noch sehr viele Fragen offen. Fakt ist jedoch, dass die Aktie bereits Fahrt aufgenommen hat. Anleger, die bei dem Zwischenspurt des Online-Reifenhändlers dabei sind, lassen die Gewinne laufen. Gut möglich, dass sich der Trend in den letzten Wochen des Jahres noch weiter beschleunigt. Ein knackiger Wintereinbruch oder neue Wasserstandsmeldungen zum Umbau der Gesellschaft könnten dem Titel zusätzlich anheizen.