Kräftig nach unten ging es gestern mit der Aktie von Gilead Sciences. Nachbörslich verlor das Papier 5,7 Prozent auf 68,99 Dollar. Damit setzt die Aktie ihren seit Monaten andauernden Abwärtstrend fort. Was war passiert? Gilead hat die Zahlen für das vierte Quartal sowie den Ausblick 2017 veröffentlicht. Im letzten Jahresviertel 2016 erwirtschaftete die Gesellschaft einen Umsatz von 7,3 Milliarden Dollar nach 8,5 Milliarden Dollar im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Der Gewinn je Aktie sank von 3,32 auf 2,70 Dollar. Dennoch wurden die Erwartungen der Analysten, die mit Einnahmen von 7,2 Milliarden Dollar und einem Gewinn je Aktie von 2,61 Dollar gerechnet hatten, übertroffen. Allerdings sorgte der langfristige Ausblick für eine herbe Enttäuschung bei den Anlegern. Gileaed rechnet für 2017 nur noch mit einem Umsatz von 22,5 bis 24,5 Milliarden Dollar, was einem Umsatzrückgang von 23 Prozent im Vergleich zu 2016 entspräche.
Dr. Daniel Koller von BB Biotech im Interview
Gilead Sciences ist die fünftgrößte Position im Portfolio der Schweizer Biotech-Beteiligungsgesellschaft BB Biotech. DER AKTIONÄR hat sich vor Kurzem mit dem Head des Management-Teams, Dr. Daniel Koller, über die Entwicklungen bei Gilead unterhalten. Dr. Koller erklärte auf die Frage, warum man weiterhin an Gilead festhalte: „Wir verkaufen nicht auf diesem Niveau. Zudem verfügen wir über Freiheiten, eine neue Position kaufen zu können, ohne Verkäufe zu tätigen, da wir über ein Darlehen agieren können. Zunächst einmal muss man betrachten, warum der Kurs unter Druck geraten ist und das KGV bei 6 bis 7 liegt. Das HIV-Geschäft läuft weiter sehr solide. Allerdings hat der Hepatitis-C-Markt im Jahr 2015 seien Peak erreicht. Man hat hier nicht nur Konkurrenz sondern auch die spezielle und einzigartige Situation, dass Patienten zu 95 Prozent geheilt werden, der Virus also nach der Behandlung weg ist. Man wird diesen Markt irgendwann durchtherapieren und diesen Markt in der Zukunft quasi inexistent machen. Und das gefällt der Börse natürlich nicht, denn mit sinkenden Umsätzen und schrumpfenden Gewinnen wird eine Erholung schwierig. Bis zur nächsten größeren Produktlancierung von Gilead braucht es Geduld, denn sowohl Hepatitis-B als auch NASH, die zwei Indikationen, die sie ebenfalls im Leberbereich testen, befinden sich beide noch in Phase-2-Studien.“
„Der Fokus der Wall Street liegt derzeit deshalb fast ausschließlich darauf, was Gilead mit seinen enormen Cashmengen machen wird. Das Management ist auf der JP Morgan Healthcare Konferenz angetreten und hat geäußert, dass man nächstes Jahr nicht noch einmal auftreten möchte, um immer noch nur über HIV und Hepatitis C zu präsentieren“, so Koller weiter. Man darf also gespannt sein, wann Gilead einen entsprechenden Übernahme-Deal verkünden wird und zu welchen Konditionen.
„Und historisch hat Gilead Mut bewiesen, als sie etwa 2011 Pharmasset für zwölf Milliarden Dollar gekauft hat. Damals erntete die Gesellschaft Kopfschütteln darüber, wie man so viel Geld für ein Phase-2-Asset ausgeben kann. Und genau dieses Asset wurde dann die Basis des Hepatitis-C-Erfolgs. Also wenn man das Rad zurückgedreht, kann man gratulieren, dass sie den Mut hatten, diese große Transaktion zu tätigen. Dennoch glaub ich, dass die Aktie vorerst einen wenig spannenden Verlauf aufzeigen wird, bevor nicht etwa eine Transaktion getätigt wird oder aus der Pipeline ein Erfolg vermeldet wird“, erläutert Koller.
Ein ausführliches Interview mit Dr. Daniel Koller über die aktuellen Entwicklungen am Markt und bei BB Biotech lesen Sie außerdem in der neuen Ausgabe 07/17 von DER AKTIONÄR, die ab heute Abend, 23 Uhr, auf www.deraktionaer.de abrufbar sein wird.