Wie dicke kommt es für VW in der Abgas-Affäre noch? Der Vorstand muss sich am Donnerstag den Fragen von Medien und Finanzanalysten stellen. Schon bekannt ist, dass der Konzern 2015 wegen des Diesel-Skandals den höchsten Verlust in seiner Geschichte verkraften muss. Gut 16 Milliarden Euro an Rückstellungen für die Folgen des Abgas-Debakels hat Volkswagen als Puffer bereits gebildet. Das riss Europas größten Autobauer tief in die roten Zahlen, unterm Strich stehen für 2015 minus 1,6 Milliarden Euro.
Sparen ist angesagt
Die Folgen sind verheerend: VW muss eisern sparen just in einer Zeit, in der die Branche mit den neuen Elektroantrieben und der rasanten Digitalisierung der Mobilität einen Umbruch durchlebt. Eigentlich wäre jetzt Zeit zum Investieren, doch bei Volkswagen regiert absehbar auch der Rotstift. Erste Budgets sind bereits gekappt, mehr als 3000 Büro-Jobs bei VW sollen wegfallen - wenn auch sozial verträglich.
Dividende fast komplett gestrichen
Der Kurs der VW-Vorzugsaktien hat seit dem Beginn des Abgas-Skandals vor sieben Monaten teilweise rund 40 Prozent an Wert eingebüßt. Die Dividende sinkt auf Negativ-Rekorde: Nachdem vor einem Jahr noch insgesamt 2,3 Milliarden Euro ausgeschüttet wurden, sollen fürs Skandal-Jahr 2015 nicht einmal 70 Millionen Euro fließen.
Zu allem Überfluss tobte bei VW tagelang ein halb-öffentlicher Streit um die Höhe der Vorstands-Bonuszahlungen. Im Ergebnis vermochte es eine Aufsichtsrats-Allianz aus Gewerkschaftern und dem VW-Großeigner Niedersachsen nicht, die Top-Manager zum endgültigen Teilverzicht zu bewegen, damit auch sie im Skandal ein symbolisches Zeichen setzen.
16,2 Milliarden Rückstellungen
Rund jeder fünfte Job in dem weltweit gut 600.000 Mitarbeiter starken Konzern entfällt auf die VW-Heimat Niedersachsen. Besonders dort sind die Zukunftssorgen in der Belegschaft groß. Denn der Druck zum Wandel in den VW-Fabriken ist schon ohne die Abgas-Affäre groß genug, etwa weil der absehbare Bedeutungsverlust von Verbrennungsmotoren ganz neue Probleme schafft. Mit einem Zukunftspakt will der Betriebsrat daher noch 2016 Zusagen für die nächsten Jahre festzurren.
Branchenexperten sehen harte Zeiten für den Wolfsburger Weltkonzern voraus, der im Startquartal 2016 zwar als größter Autobauer wieder an Toyota vorbeizog - dabei aber wohl kaum in Feierlaune kam. Frank Schwope von der NordLB etwa sagt: "Die Rückstellungen in Höhe von 16,2 Milliarden Euro betrachten wir als Untergrenze des Schadens aus dem Diesel-Skandal." Die Landesbank gehe infolge der Manipulationen nach wie vor von Gesamtkosten von 20 bis 30 Milliarden Euro aus - wobei dieser Korridor eher noch überschritten werden könnte.
Imageschaden
"Hinzu kommt ein immenser Reputationsschaden, der sich letztlich in zukünftig nicht verkauften Fahrzeugen beziehungsweise nicht erzielten Gewinnen ausdrückt, sich allerdings nur schwer bemessen lässt", so Schwope. Auch dieser könne "deutlich im Milliardenbereich liegen". Vor wenigen Tagen hatte VW in den USA - dem Epizentrum der Krise - eine Grundsatzeinigung mit Klägern erreicht, die große Teile des Streits dort in einen Vergleich lenken könnte. Daheim in Deutschland dagegen stockt der Rückruf von 2,5 Millionen Dieseln aus dem Konzern. Betroffene Passat-Modelle lassen sich bisher nicht wie geplant nur per Update nachbessern. Schon Wochen sind deswegen verloren gegangen.
Wie weit kann die Erholung gehen?
Die VW-Aktie indes kletterte in der letzten Handelswoche bis knapp an die 200-Tage-Linie. Einer kurzen Konsolidierung am Freitag folgte der nächste Schub nach oben. Am Mittwoch wurde die wichtige Signallinie geknackt. Jetzt gilt es den Ausbruch zu bestätigen. Für Trader ergibt sich kurzfristig Potenzial bis 138 Euro.
(Mit Material von dpa-AFX).