Der VW-Konzern befindet sich vermutlich in der schwersten Krise seiner Geschichte. Sogar aus den eigenen Vorstandsreihen war schon der Begriff „existenzbedrohend“ zu hören. Kein Wunder eigentlich, denn wie sonst sollte man den Aktionären klar machen, dass sie wohl auf ihre Dividende oder zumindest große Teile davon verzichten müssen. Und wie sonst sollte man den 120.000 nach Tarif bezahlten Mitarbeitern erklären, dass sie auf ihre Erfolgsbeteiligung vermutlich verzichten müssen und maximal eine gewisse Anerkennungsprämie erhalten. Noch weitaus härter trifft es tausende Leiharbeiter, die um die Verlängerung ihrer Verträge bangen und vermutlich bald auf der Straße sitzen.
Klar, bei der größten Krise der Geschichte müssen alle Opfer bringen. Der neue Vorstandschef Matthias Müller hatte bereits bei seinem Amtsantritt angekündigt, dass alle „den Gürtel enger schnallen müssen“. Die Unternehmensspitze müsse Vorbild sein, so Müller Ende des vergangenen Jahres. Wer dabei an Kürzungen der üppigen Vorstandsgehälter dachte, der lag vollkommen daneben. Lediglich bei den Bonuszahlungen wollen die VW-Manager Abstriche machen – aber nur um bescheidene 30 Prozent.
Bonus – wofür eigentlich?
Da muss man sich schon fragen, wie hoch der Realitätsverlust in Wolfsburg eigentlich ist. Schließlich ist der Vorstand in vollem Maße für den Abgasskandal bei VW verantwortlich – im Gegensatz zu der überwiegenden Zahl seiner Mitarbeiter. Und jetzt sollen sie die Zeche zahlen, während ihre Chefs gerade einmal bereit sind, auf 30 Prozent ihrer millionenschweren Bonuszahlungen zu verzichten? Wofür soll es den Bonus den bitteschön geben? Dafür, dass man eine prima Schummelsoftware entwickeln ließ, die dann überraschend aufgeflogen ist? Dafür, dass man seit Jahren unnötig die Luft verpestet? Oder ist es vielleicht eine Prämie dafür, dass man mit allen – erlaubten und unerlaubten – Mitteln am Verbrennungs- und insbesondere am Dieselmotor festhält.
Beim Thema Elektroautos ist Volkswagen bisher nicht über ein Nischenplayerdasein hinausgekommen. Und jetzt fehlt erst einmal das Geld, um den immensen Rückstand bei der rasant voranschreitenden Entwicklung aufzuholen. Zudem müssen ja erst einmal die Chefs fürstlich entlohnt werden – übrigens auch der ehemalige. Denn auch Ex-Chef Martin Winterkorn möchte gerne noch einen Bonus für seine besonderen Leistungen im vergangenen Jahr bekommen – und er hat vermutlich sogar einen Anspruch darauf.
Winterkorn kontra Musk
2014 hat Winterkorn 15,9 Millionen Euro verdient, den Löwenanteil davon machte der Bonus aus. Und jetzt raten Sie mal, wie hoch das Gehalt von Tesla-Chef Elon Musk war? Eigentlich waren es exakt 35.360 Dollar, aber Musk hat auf die Auszahlung verzichtet. Natürlich hat Musk noch weitere Jobs, unter anderem bei seiner Weltraumfirma Space X und Musk hält darüber hinaus Tesla-Aktien im Gegenwert von knapp neun Milliarden Dollar, aber dennoch zeigt das sehr unterschiedliche Anspruchsdenken bei Volkswagen und Tesla schon sehr gut die sehr unterschiedliche Unternehmensphilosophie der beiden Unternehmen.
Dieser Kommentar ist aus der gestrigen Ausgabe des kostenlosen Newsletters Maydorns Meinung.