Die Analysten sind derzeit zuversichtlich, doch noch immer besteht das Risiko für E.on, für die Folgen der Atomkraftnutzung vollständig haften zu müssen.
Holger Fechner, Analyst der NordLB, verweist auf die Vereinbarung mit Gazprom, wonach E.on das russische Gas günstiger bekommt. Dieser Sondereffekt wirkt sich bereits auf die Zahlen zum ersten Quartal ergebnissteigernd aus. Deshalb habe der Aktienkurs Erholungspotenzial bis zehn Euro. Fechner rät weiter zum Kauf. Deepa Venkateswaran, Analystin von Bernstein Research, hofft auf eine gnädige Atomkommission. Deren endgültige Empfehlung zur Haftung für die Atomkraftrisiken könnte die Kurse treiben. Die Analystin ist vom Chance/Risiko-Verhältnis zugunsten von E.on überzeugt, senkte jedoch das Kursziel für die „Outperformer“-Aktie von 12,70 auf 12,30 Euro.
Die Kommission tagt…
Die von (ehemaligen) Politikern beherrschte Atomkommission mit 19 Mitgliedern aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen trifft sich mindestens am 13. April noch einmal. Nach derzeitiger Rechtslage müssten die Atomkraftwerk-Betreiber für alle Risiken unbegrenzt haften. E.on, RWE, EnBW und Vattenfall haben dafür 38 Milliarden Euro zurückgelegt. Einem Entwurf für den Abschlussbericht der Kommission zufolge, sollen sich die Atomkraftwerk-Betreiber um die Stilllegung der Atomkraftwerke (AKW) und deren Abriss kümmern (das letzte AKW soll im Jahr 2022 vom Netz gehen). Die Risiken dafür gelten als überschaubar. Dafür sind 20 der 38 Milliarden Euro vorgesehen. Die restlichen 18 Milliarden Euro sollen in einen öffentlichen und damit von den Menschen in Deutschland dauerhaft zu bezahlenden Fonds kommen, um die Risiken in Zwischenlagern und irgendwann einmal in einem Endlager abzudecken. Zudem könnte eine Nach-Haftung verlangt werden, welche für die AKW-Betreiber auf sechs bis 18 Milliarden Euro begrenzt werden oder durch einen Einmalbetrag abgegolten werden soll.
…und die Politiker warten
Die Kommission ist sich noch lange nicht einig, wie der Verweis auf weitere mögliche Treffen verdeutlicht. Die Hauptversammlung von E.on soll jedoch bereits am 8. Juni eine Aufspaltung des Unternehmens in Uniper und E.on beschließen. Damit könnten Tatsachen geschaffen werden, mit denen Vermögensteile von E.on aus der Haftung für die Atomkraft-Risiken herausgelöst werden. Ein Nachhaftungs-Gesetzentwurf, um das zu verhindern, wird seit Oktober 2015 nicht mehr im Bundestag bearbeitet, weil das Parlament auf die Kommission wartet. Wenn E.on sich aufgespalten hat, ist es aber für ein Gesetz zu spät, welches zudem üblicherweise noch Monate braucht, um verabschiedet zu werden. Das Wirtschaftsministerium erklärt: Etwaige gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes „durch die betroffenen Konzerne umgesetzt werden, wären vom Anwendungsbereich des Gesetzes nicht erfasst“.
Nur eine Wette
Lassen die Politiker E.on und die anderen drei Atomkraftwerk-Betreiber faktisch aus der vollständigen finanziellen Haftung oder nicht? Das ist die Frage, die den Aktienkurs stark beeinflussen wird. Ein Investment in E.on ist also, wie auf Schwarz oder Rot im Casino zu setzen. DER AKTIONÄR rät Anlegern deshalb dazu, Aktien von anderen, attraktiveren und vor allem weniger riskanten Unternehmen zu kaufen.