Die Umplatzierung eines Aktienpakets aus dem Besitz des Großaktionärs AURELIUS hat die Aktie der Berentzen-Gruppe AG Anfang März deutlich unter Druck gebracht. Operativ läuft es hingegen rund. Für das laufende Jahr erwartet der Konzern nicht nur aufgrund der sportlichen Großereignisse „deutliche Steigerungen“ bei Umsatz und Ergebnis.
DER AKTIONÄR sprach mit Berentzen-CEO Frank Schübel auch über missverständliche Presseberichte, die weitere Dividendenstrategie und das zunehmende Investoreninteresse.
DER AKTIONÄR: Herr Schübel, in jüngsten Presseberichten war zu lesen, dass Berentzen mit einem „heiklen Geschäftsjahr 2016“ rechne. Was ist damit gemeint?
Frank Schübel: Diese Formulierung im Pressebericht ist alles andere als glücklich, denn sie trifft unsere Situation so gar nicht. Vielmehr planen wir trotz der starken Entwicklung im vergangenen Geschäftsjahr weiterhin – und damit auch im neuen Geschäftsjahr konservativ. Aber unser Ziel ist es natürlich, auch in diesem Jahr positiv zu überraschen – und wir sind da auf einem guten Weg. Insbesondere im Bereich Spirituose sind wir 2015 weit über Marktniveau und leicht über interner Planung hinaus gewachsen. 2016 rechnen wir mit einem normalen und guten Wachstum bei der Marke und sind bei Handelsmarken immer darauf vorbereitet, auch Volumen abzugeben, die nicht unseren wirtschaftlichen Zielleitplanken entsprechen. Das allein macht schon deutlich: unsere Prognose sollte unter kaufmännischer Vorsicht verbucht – und nicht als Problem verstanden werden.
Mit Ausnahme des Geschäftsbereichs Frischsaftsysteme sind die Aussichten in Bezug auf die Branchenentwicklung eher verhalten. Dennoch haben Sie für das laufende Jahr eine „erhebliche Steigerung“ der Konzerngesamtleistung angekündigt. Worauf gründet sich Ihre Zuversicht?
Unsere Prognose basiert auf mehreren Faktoren. Da ist in erster Linie die Annahme, dass wir beginnen, in unserem Frischsaftsystembereich Citrocasa nun auch international das Potenzial auszuschöpfen und daraus resultierend profitables Wachstum erzeugen. Hinzu kommen deutliche Fortschritte bei der Durchsetzung unserer Sinalco-Konzession am Markt. Wir haben dafür im Jahr 2015 stark investiert. Nun sehen wir erste Ergebnisse daraus.
Das erste Quartal ist bereits beendet. Wie wirken sich die angesprochenen Verbesserungen denn auf das Zahlenwerk der ersten drei Monate aus?
Ich kann und will unserer Quartalsmitteilung natürlich nicht vorgreifen. Bitte haben Sie Verständnis dafür. Was ich aber grundsätzlich sagen kann, ist, dass wir mit den angestoßenen strategischen Veränderungen und Optimierungen voll im Plan liegen. Auf das Quartal bezogen bedeutet dies: Obwohl wir dieses Mal keinen positiven Einmaleffekt aus Veräußerungsgewinnen im Rahmen des Konzessionswechsels wie im Vorjahresquartal haben werden, gehe ich davon aus, dass wir bzgl. der Umsatz- und Margenentwicklung niemanden enttäuschen werden und unsere Ergebnisse durchaus vorzeigbar sein werden.
Sie haben wie angesprochen das Unternehmen strategisch neu ausgerichtet, sprich die Gruppe stärker in modernen, frische- und gesundheitsorientierten Getränke- bzw. Produktsegmenten positioniert, warum?
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigt in ihrer neuesten Studie, dass nur noch jeder zehnte Jugendliche und jeder dritte Erwachsene regelmäßig Alkohol trinkt. Mit anderen Worten: Auch wenn wir uns besser als der Markt entwickeln und bei Spirituosen Geld verdienen, gibt es in diesem Bereich nur limitierte Wachstumschancen. Gleichzeitig wächst global die Nachfrage nach gesunden und natürlichen Convenience-Produkten. Mit unserem Fokus auf unsere starken regionalen Wassermarken, natürlicheren Limonadenkonzepte wie MioMioMate und Frischsaftsysteme der Marke Citrocasa kommen wir dieser Entwicklung nach und positionieren uns hier als innovativer Getränkehersteller. Für die Berentzen-Gruppe AG ist das ebenfalls ein Pluspunkt: Wir sind dadurch nicht nur breiter aufgestellt, sondern erhöhen nebenbei auch die gesellschaftliche Akzeptanz des Unternehmens. Das zahlt sich heute schon unter anderem beim Zugang zu qualifizierten Führungs- und Fachkräften aus.
Im Oktober 2015 haben Sie die neu entwickelte, kompakte Fruchtpresse „Revolution“ auf den Markt gebracht, zur Erschließung der Gastronomie als weiteren Absatzkanal für Frischsaftsysteme. Haben sich Ihre Erwartungen an die Produktneuheit bisher erfüllt?
Zusätzliche Umsätze mit Innovationen sind immer dann erfolgreich, wenn sie neue Kunden ansprechen und neue Verwendungsmöglichkeiten eröffnen. Unsere bisherigen Maschinenlinien waren für die Gastronomie zu groß und zu wenig designorientiert, um auf der Theke einer Top-Gastronomie platziert werden zu können. Mit dem Konzept der „Revolution“ haben wir dies geändert. Dass wir damit im ersten Quartal 2016 unsere Planung und Produktionskapazität weit überstiegen haben, spricht mehr als deutlich für den Erfolg dieses Konzepts. Das wird auch dadurch unterstrichen, dass wir Handelskunden, also beispielsweise Lebensmittelmärkte, haben, die in der Frischeabteilung eine Citrocasa „Fantastic“ platziert und jetzt für den Café-Bereich zusätzlich eine „Revolution“ geordert haben.
Auch auf der Ergebnisseite gehen Sie im laufenden Jahr von „deutlichen Steigerungen“ beim Konzern-EBITDA und -EBIT aus. Wird diese Steigerung allein vom Segment Frischsaftsysteme getragen?
Klares Nein. Unsere positive Entwicklung steht auf breiteren Füßen. Wie gesagt zahlen sich die Investitionen in die Umstellung der Kundenbasis auf Sinalco aus. Es kommen profitable Umsätze dazu. Außerdem haben wir unsere Kostenstruktur optimiert: Unsere Fixkostenbelastung aus dem Auslandsgeschäft ist geringer – auch wenn das Volumen hier unter Druck ist.
Das Segment Alkoholfreie Getränke ist im vergangenen Jahr hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie diese Entwicklung umkehren und Geschäftsumfang sowie Profitabilität wieder auf das zuvor erreichte Niveau heben?
Es gibt gar keinen großen Änderungsbedarf beim Vorgehen in Sachen Sinalco. Wir hatten schlicht einen gewissen Zeitbedarf bei der Umstellung der einzelnen Kunden. Unsere Akquisitionsquote und die Zusammenarbeit mit dem Konzessionsgeber, der Getränkegruppe Hövelmann, sind weiterhin gut. Parallel starten wir aber zur Stärkung unserer eigenen Marken ein breites Innovationsprogramm. Dieses fängt beim Ausbau der Marke MioMio an, geht über neue wertschöpfende Limonadenkonzepte unter der etablierten Marke Vivaris und wird bis zu neuen Gebindeformen für unsere Wassermarken Märkisch Kristall und St. Ansgari reichen.
Welche Rolle spielen die sportlichen Großereignisse in diesem Jahr, insbesondere die EM in Frankreich und die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro, für Berentzen?
Sportliche Großereignisse sind sehr relevant für den Außerhausverzehr in der Gastronomie, aber auch für private Einladungen und Partys. Im Bereich Spirituose gibt es hier spezielle Promotion-Gebinde für unsere Produkte und Platzierungsmodule für den Handel. Die ersten neuen Produkte werden wir schon in Kürze zeigen. Aber hier läuft unsere Innovationsmaschine weiter auf Hochtouren und wir spielen unseren Wettbewerbsvorteil aus, dass wenige Anbieter im mittleren Preissegment so aktiv sind. Für den alkoholfreien Bereich sind übrigens Sportereignisse zwar wichtig, aber mindestens genauso relevant ist beispielsweise das Wetter.
Für das Geschäftsjahr 2015 dürfen sich Ihre Aktionäre über eine Ausschüttung von 0,20 Euro je Aktie freuen. Wie sieht Ihre weitere Dividendenstrategie aus?
In der DNA eines börsennotierten Unternehmens muss eine attraktive Dividende ein zentrales Gen sein, denn sie ist für die Anteilseigner ein zentraler Baustein ihrer Investition. Unser festes Unternehmensziel ist es, 2016 die Umsatzrentabilität erneut um mindestens einen Prozentpunkt zu steigern. Entsprechend wird das auch die Dividende beeinflussen.
Kommen wir abschließend auf die Berentzen-Aktie zu sprechen. Im Zuge der Umplatzierung eines Aktienpakets durch den Großaktionär AURELIUS ist die Aktie zuletzt deutlich unter Druck gekommen. Spüren Sie auf aktuellem Niveau stärkeres Investoreninteresse?
Bis Anfang 2015 haben wir neben den Pflichtveröffentlichungen nahezu keine Kapitalmarktmaßnahmen betrieben. Seither haben wir unser Engagement hier Schritt für Schritt ausgebaut. Und das macht sich positiv bemerkbar. Wir haben uns einen größeren Kreis an potenziellen Investoren erarbeitet, von denen manche schneller und manche langsamer agieren. Aber insgesamt ist das Interesse an unserem Unternehmen an der Börse deutlich gestiegen. Kein Wunder: Wer das Verhältnis von Marktkapitalisierung zu EBITDA sieht und mit den branchenüblichen Kennzahlen vergleicht, dürfte erkennen, dass er ein lohnendes Investment vorfindet.
Vielen Dank für das Interview!
FAZIT: DER AKTIONÄR hat bereits Mitte 2015 rechtzeitig auf die guten Aussichten von Berentzen hingewiesen. Rückenwind erhielt die Aktie von starken Quartalszahlen. Daran dürfte sich auf Sicht grundlegend nichts ändern. Die Analysten von Hauck & Aufhäuser trauen Berentzen im laufenden Jahr bei einem Umsatz von 165,2 Millionen Euro (Vorjahr: 158,5 Millionen Euro) einen Gewinnsprung auf 0,45 Euro je Aktie (Vorjahr: 0,23 Euro) zu und sehen den fairen Wert der Aktie bei 12,00 Euro.