Im Jahr 2019 (!) erkennt Warren Buffett, der berühmteste Anleger aller Zeiten: Amazon ist ein Top-Unternehmen. So toll, dass Buffetts Berkshire Hathaway nun in den E-Commerce-Giganten investiert hat. Er sei ein Idiot gewesen, dass er nicht früher gekauft habe. Da muss man ihm – mit Verlaub – zustimmen. Ein Kommentar.
Buffett ist unser aller Idol. Seine Sprüche, seine Ess- und Trinkgewohnheiten (am liebsten Eis und Cola), seine Bescheidenheit – all das hat ihn zur Kultfigur und zur lebenden Legende gemacht. Und natürlich seine Volltreffer in Sachen Aktien. Buffett spürte immer wieder unterbewertete Top-Firmen auf, deren Kurse danach stiegen und stiegen.
Doch die Legende bekommt zunehmend Kratzer. Da lehnt Buffett ewig hochinnovative Tech-Unternehmen ab, um dann plötzlich Apple zu kaufen, nachdem die Aktie zig Tausend Prozent gestiegen war. Jetzt kauft Buffett Amazon, ein Unternehmen, das er, wie er zugibt, „schon immer beobachtet“. Investiert hat er trotzdem nie, obwohl er es ein „Wunder“ nennt, was Bezos auf die Beine gestellt hat.
Selbst wenn er nicht 1997 beim IPO, sondern erst vor zehn Jahren eingestiegen wäre, hätte er eine Wahnsinns-Performance mit Amazon gemacht. Seitdem ist die Aktie 3.000 Prozent gestiegen – aus zehn Milliarden Dollar wären also 310 Milliarden geworden. Aktuell ist das komplette Berkshire-Portfolio lediglich 220 Milliarden Dollar wert. Mit Amazon käme Berkshire folglich auf einen Börsenwert von 820 Milliarden – und nicht bloß auf 510 Milliarden Dollar.
Besser spät als nie, möchte man jetzt sagen, und Buffett zum Einstieg bei Amazon gratulieren. Das Bezos-Imperium hat ja noch eine Menge Luft. Doch es bleibt ein fader Beigeschmack: Buffett sagt, seine Investmentmanager, Todd Combs oder Ted Weschler, hätten Amazon gekauft. Beide haben eine tolle Vita und sind offen für alle Trends. Aber warum haben sie so lange gewartet? Combs ist seit 2010 und Weschler seit 2012 bei Berkshire. Mussten sie den Alten jahrelang überreden? Wohl nicht, schließlich verfügen sie über ein Budget von 13 Milliarden, das sie eigenständig verwalten dürfen.
Eingefleischte Buffett-Jünger müssen sich so langsam eingestehen: Der Meister ist auch nur ein Mensch. Er hat nicht nur Amazon und Apple, sondern viele andere Super-Storys am Aktienmarkt liegen lassen – aus was immer für Gründen. Combs und Weschler, seinen potenziellen Nachfolger, kann man nur wünschen, dass sie künftig schneller entscheiden.