FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Anleger haben die weiter lockere US-Geldpolitik am Donnerstag recht reserviert zur Kenntnis genommen. Eine Überraschung war der Zinsentscheid der US-Währungshüter am deutschen Aktienmarkt nicht - am Vorabend hatte er bereits die Wall Street kalt gelassen. Zudem fiel die Flut von Geschäftszahlen hiesiger Unternehmen durchwachsen aus.
Der Dax weitete seine Verluste im Verlauf etwas aus und stand am Nachmittag 0,37 Prozent tiefer bei 15 235,77 Punkten. Damit knüpfte der Leitindex an die recht lustlose Entwicklung der vergangenen Tage an, blieb aber in Reichweite des Rekordhochs von 15 501 Punkten aus der vergangenen Woche. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen gewann am Donnerstag hingegen 0,18 Prozent auf 33 029,83 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,13 Prozent auf 4020,28 Zähler hoch.
Die US-Notenbank Fed hielt bei ihrer Zinssitzung am Mittwoch wie erwartet an ihrer historisch lockeren Geldpolitik fest. Sie gibt sich nun zwar etwas zuversichtlicher für die US-Wirtschaft. Nach Einschätzung der Landesbank Baden-Württmberg (LBBW) dürfte es aber noch einige Monate dauern, bis die Fed von der aktuell kräftigen Erholung am US-Arbeitsmarkt hinreichend überzeugt ist, um die Vorbereitungen für eine Drosselung ihrer Anleihekäufe zu treffen. "Noch wesentlich höher liegen die Hürden für eine Leitzinswende, denn hierfür bedarf es seitens der Fed zusätzlich der Überzeugung von einer dauerhaft deutlich höheren Inflation", erklärte die LBBW.
Hierzulande wurde die Agenda von einer Vielzahl von Unternehmens-Kennzahlen geprägt. Im Dax büßten die BASF -Titel über ein halbes Prozent ein, obwohl der Chemiekonzern mit einem Gewinn- und Umsatzsprung ins neue Jahr gestartet war und den Ausblick angehoben hatte. Die Ludwigshafener hätten die Erwartungen deutlich übertroffen, lobte ein Börsianer. Als Haar in der Suppe machte er aber den neuen Ergebnis-Ausblick aus, der nicht ganz so optimistisch wie das neue Umsatzziel sei. Zudem könnten einige Anleger die positiven Überraschungen für Gewinnmitnahmen bei der zuletzt gut gelaufenen Aktie nutzen, ergänzte Analyst Markus Mayer von der Baader Bank.
Unter Druck standen auch Aktien aus der Automobilbranche. Händler verwiesen auf die anhaltende Halbleiterknappheit, die sich negativ auf die Produktion auswirke. Im Dax waren Continental und Volkswagen mit Abschlägen von mehr als zwei beziehungsweise über drei Prozent besonders schwach. Der Autozulieferer teilte zudem mit, die geplante Abspaltung der Antriebstechnik im Rahmen eines vollständigen Spin-Offs in diesem September durchziehen zu wollen. Dabei wird den Aktionären für je fünf Conti-Aktien ein Anteil des neuen börsennotierten Unternehmens Vitesco Technologies automatisch ins Depot gebucht, frisches Geld fließt dem Konzern so nicht zu. Daimler und BMW notierten jeweils gut ein halbes Prozent tiefer.
Anteilsscheine der Deutschen Bank gewannen hingegen fast ein Prozent auf 11,38 Euro - damit setzten sie die Vortagsrally als erneuter Dax-Champion fort und waren so teuer wie zuletzt im Frühjahr 2018. Am Mittwoch waren sie nach einem überraschend starken ersten Quartal um fast elf Prozent nach oben geschnellt. Analyst Andrew Lim von der Societe Generale erhöhte das Kursziel auf 15 Euro und bestätigte seine Kaufempfehlung. Er attestiert dem Bankhaus auf dem Erholungspfad klare Fortschritte mit positiven Überraschungen in allen Kernsparten.
Bei Airbus konnten sich die Aktionäre über einen Kursgewinn von mehr als ein Prozent und einen der vorderen Plätze im MDax freuen. Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern legte trotz Corona einen robusten Jahresauftakt hin. Voll des Lobes waren Experten vor allem für den Barmittelzufluss des Unternehmens, das seit einem Jahr schwer unter der Pandemie leidet.
Index-Spitzenreiter waren indes die Nemetschek -Papiere mit einem Plus von knapp dreieinhalb Prozent. Der Bausoftware-Anbieter berichtete auch dank Einsparungen über ein starkes erstes Quartal.
Dagegen waren Aixtron -Titel mit einem Rutsch von fast sechs Prozent abgeschlagenes Schlusslicht. Der LED- und Chipindustrieausrüster hob zwar den Gewinnausblick an, konnte die hoch gesteckten Erwartungen für das erste Quartal aber nicht ganz erfüllen. Zudem gab es einen Rückschlag beim Hoffnungsträger Oled-Projekt.
Die Aktionäre der Lufthansa mussten einen Kursverlust von nahezu viereinhalb Prozent verkraften. Die Fluggesellschaft legte wegen der Corona-Flaute erneut tiefrote Zahlen vor. Ein Händler wertete sowohl den deutlich gesunkenen Quartalsumsatz als auch den halbierten Verlust als moderat positive Überraschung. Die Barmittelentwicklung sehe dagegen schlechter aus. Zudem kürzte die Airline nochmal ihre Kapazitätspläne.
Im Nebenwerte-Index SDax stiegen Titel des Stahlhändlers Klöckner & Co um 1,2 Prozent auf 11,69 Euro. Sie errichten damit den höchsten Stand seit über vier Jahren. Das Unternehmen konnte dank gestiegener Preise den Umsatz und das Ergebnis deutlich steigen. Ein Händler hob den Nettogewinn zum Jahresauftakt sowie das Ziel für das bereinigte operativen Ergebnis (Ebitda) im zweiten Quartal hervor.
Fielmann -Aktien rutschten indes mit einem Minus von 4,3 Prozent auf de letzten Platz ab. Die Optikerkette berichtete zwar einen deutlichen Umsatz- und Ergebnisanstieg. Baader-Analyst Volker Bosse vermisste aber einen konkreten Ausblick.
Der Euro stieg auf 1,2132 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,2070 Dollar festgesetzt. Am Anleihemarkt sank die Umlaufrendite von minus 0,28 Prozent am Vortag auf minus 0,29 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,10 Prozent auf 144,41 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,36 Prozent auf 170,05 Punkte./gl/fba
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-AFX