FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat am Donnerstag auf die Zinserhöhungen der Notenbanken und den düsteren Ausblick der US-Währungshüter mit Verlusten reagiert. Dabei zeigte sich der Dax jedoch robuster als zunächst befürchtet. Der deutsche Leitindex dämmte die Verluste bis zum Nachmittag auf 0,57 Prozent bei 12 694,76 Punkten ein. Dabei hielt auch die Marke von 12 500 Punkten, die bereits im März und Juli als Unterstützung gedient hatte.
Die Stimmung sei zwar weiter angespannt, schrieb Marktbeobachter Andreas Lipkowm, doch auch vor dem Hintergrund weiterer Nachrichten zum Konflikt mit Russland sei "die relative Stärke des Dax weiterhin erstaunlich".
Der Eurozonen-Auswahlindex EuroStoxx folgte dem Dax in etwa und lag zuletzt mit einem Minus von 0,55 Prozent bei 3472,76 Punkten. Der MDax fiel zuletzt um 1,16 auf 23 630,65 Zähler, nachdem er zuvor auf den tiefsten Stand seit Mai 2020 gerutscht war.
Insgesamt bleibt der Aktienmarkt schwach. Wegen des Kriegs in der Ukraine, der hohen Inflation, den deswegen stark steigenden Leitzinsen und der Sorge vor einer Rezession büßte der Dax im Jahresverlauf mehr als ein Fünftel ein.
Am Mittwochabend hatte die US-Notenbank Fed den Leitzins zum dritten Mal in Folge um 0,75 Prozentpunkte angehoben. Mit jetzt 3 bis 3,25 Prozent erreichte der Leitzins im Kampf gegen die hohe Inflation das höchste Niveau seit 14 Jahren. Mit der strengen Geldpolitik wächst das Risiko, dass die Zentralbank die Wirtschaft bald so stark ausbremst, dass Arbeitsmarkt und Konjunktur abgewürgt werden.
Fed-Chef Jerome Powell machte zudem deutlich, dass mit den großen Zinsschritten noch lange nicht Schluss ist. "Ohne Preisstabilität funktioniert die Wirtschaft für niemanden", sagte er. Anleger sorgten sich mehr und mehr vor einer "harten Landung", hieß es bei der Credit Suisse. Auch andere Notenbanken stemmen sich gegen die hohe Inflation. So hob am Morgen auch die Schweizerische Nationalbank den Zins erneut an, und auch die britische Notenbank erhöhte den Leitzins weiter.
Bei den Einzelwerten sorgten die Zahlen und der Ausblick des Softwareherstellers Suse für Furore. Die im SDax gelisteten Papiere büßten wegen einer gesenkten Auftragsprognose zwischenzeitlich rund ein Drittel ein und fielen auf ein Rekordtief, zuletzt stand noch ein Minus von 19 Prozent auf der Anzeigetafel. Die seit Mai 2021 an der Börse gelisteten Papiere des Nürnberger Unternehmens haben in diesem Jahr bereits vor dem Kursrutsch am Donnerstag deutlich an Wert verloren. Anfang des Jahres hatte der Kurs bei noch bei mehr als 40 Euro gelegen.
An der Dax-Spitze verteuerten sich Deutsche Bank nach optimistischen Aussagen des Finanzvorstands James von Moltke um mehr als viereinhalb Prozent.
Im Gleichklang zur schwachen Branche in Europa setzten einige Werte aus dem Pharmasektor ihre Talfahrt fort. Papiere von Sartorius , Fresenius und deren Tochter FMC verloren am Dax-Ende zwischen knapp drei bis mehr als fünf Prozent. Die Marktstrategen von JPMorgan hatten zuletzt auf die "klar negative Korrelation" der Branchenentwicklung mit den Anleiherenditen hingewiesen. Diese hatten zuletzt angesichts der fortschreitenden Zinswende wieder mehrjährige Höchststände erreicht.
About You fielen nach einer gestrichenen Kaufempfehlung durch die Deutsche Bank auf ein weiteres Rekordtief, zuletzt betrug das Minus noch 2,8 Prozent. Auch Aktien des Konkurrenten Zalando wurden mitgerissen und gaben zuletzt um rund drei Prozent nach.
Der Euro hat sich am Donnerstag von anfänglichen Verlusten erholt. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde am Nachmittag bei 0,9870 US-Dollar gehandelt. In der Nacht auf Donnerstag sie bis auf 0,9809 Dollar gesunken und damit auf den tiefsten Stand seit etwa 20 Jahren. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittwoch noch auf 0,9906 Dollar festgesetzt.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 1,78 Prozent am Vortag auf 1,80 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,09 Prozent auf 129,88 Punkte. Der Bund-Future sank um 0,38 Prozent auf 140,88 Punkte./tav/jha/
--- Von Tanja Vedder, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-AFX