Die Glyphosat-Thematik bei Bayer beschäftigt nicht nur Anleger, sondern auch die Analysten. Die veranschlagten Kosten in Milliardenhöhe variieren stark. DER AKTIONÄR hat deshalb bei Peter Verdult, Managing Director und Pharma-Analyst bei Citi in London, nachgefragt, wie die Rechtsstreitigkeiten einzuordnen sind und ob der jüngste Verkauf der Tiergesundheit positiv zu werten ist. Aktuell rät Verdult zum Kauf der Bayer-Aktie mit einem Kursziel von exakt 100,00 Euro.
DER AKTIONÄR: Die Bayer-Aktie leidet unter den Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten in den USA. Wie wahrscheinlich ist Ihrer Meinung nach eine Einigung? Wie teuer könnte sie für das DAX-Unternehmen werden?
Peter Verdult: Bayer nähert sich einem zweigleisigen Verfahren für Glyphosat. Gerichtsverfahren sind ein Weg, aber dies kann fünf bis sechs Jahre dauern, wenn Sie das Berufungsverfahren und die Optionen des Obersten Gerichts berücksichtigen. Die gütliche Einigung ist angesichts des Drucks, unter dem das Bayer-Management steht, den Überhang und die Underperformance der Aktie aufzulösen, eine wahrscheinliche Option. Wir haben einen Regulierungsbetrag von drei bis sechs Milliarden US-Dollar veröffentlicht, die Markteinschätzung liegt bei eher sechs bis neun Milliarden US-Dollar. In beiden Fällen ergibt sich ein Abschlag von 30 Milliarden US-Dollar auf den aktuellen Aktienkurs. Insofern finden wir das Chance-Risiko-Verhältnis interessant, wenn der Einigungsbetrag bei zehn Milliarden US-Dollar oder darunter liegt.
Derzeit raten Sie die Bayer-Aktie mit „Kaufen“ und geben als Kursziel 100 Euro aus. Warum sehen Sie dieses Aufwärtspotenzial? Was sind die Gründe für die Bewertung?
Wir bewerten Bayer auf der Grundlage von Kurs-Gewinn-Verhältnis, Sum-of-the-Parts und Kapitalwert-Bewertungen. Der Mittelpunkt unserer Bewertungsspanne liegt bei 100 Euro. Diese Bewertung spiegelt die schlechten Aussichten für Pharma, die langsame Erholung bei den Konsumgütern und das Trendwachstum bei Crop Science mit der Hebung geplanter Kostensynergien wider. Unser Kursziel spiegelt keinen möglichen Einigungsbetrag wider.
Bayer verkauft die Tiergesundheit-Sparte an Elanco Animal Health für 7,6 Millioarden Dollar. Ist dies ein guter Deal für Bayer?
Tiergesundheit macht drei Prozent der Unternehmensgruppe aus. Bayer wird mit dem Zehnfachen EV/EBITDA gehandelt, Tiergesundheit für sich genommen mit dem 18- bis 20-Fachen. Der Verkaufspreis entspricht dem 19-fachen EBITDA. Ich denke, man kann aus der Perspektive der Wertschöpfung von einem guten Deal sprechen.
Vielen Dank für die aussagekräftigen Antworten!
Die Citi impliziert ein Upside-Potenzial von etwa 48 Prozent – und das bei einem großen DAX-Titel wie Bayer. DER AKTIONÄR kann diese bullishe Einschätzung nicht teilen. Die Aktie ist aktuell allenfalls eine Halteposition.