Bislang beherrscht Boeing den weltweiten Markt für Frachtflugzeuge mit den Frachtversionen seiner Großraumjets 777, 767 und 747. Vor allem die 777F läuft seit Jahren gut. Das will Europa-Rivale Airbus ändern und kündigt eine Frachtversion seiner A350 an. Boeing wiederum kann sich über ungewöhnlich viele Bestellungen des Desaster-Typs 737 Max freuen.
Airbus will seinem US-Rivalen Boeing mit einer Frachtversion des Großraumjets A350 laut Insidern weitere Marktanteile streitig machen. Der Hersteller dürfte bereits im Juli die ersten Bestellungen entgegennehmen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Verweis auf mit der Sache vertraute Personen. Airbus habe mit mehr als einem Dutzend möglicher Kunden gesprochen. In den nächsten Wochen wolle das Management die Zustimmung des Verwaltungsrats einholen, um den Kunden die Frachtversion anbieten zu können.
Voraussetzung sei, dass Airbus genügend feste Bestellungen für die Frachtversion hereinholen kann, hieß es. Dann könne die Entwicklung noch in diesem Jahr offiziell starten. Ein Konzernsprecher wollte die Pläne nicht bestätigen. Airbus spreche mit seinen Kunden immer wieder über mögliche neue Produkte, erklärte er. Nicht alle Studien kämen ans Tageslicht.
A350-Frachter braucht seine Zeit
Konzernchef Guillaume Faury hatte den Airbus A350 im April als "starken Kandidaten" für eine Frachtversion bezeichnet - zumal das Flugzeug zu großen Teilen aus leichten Karbonfaser-Verbundwerkstoffen besteht. Im Interview mit Bloomberg zeigte sich Faury scharf darauf, den US-Konzern in diesem Bereich herauszufordern.
Airbus hatte dem US-Konzern 2019 zwar die Position als weltgrößter Hersteller von Verkehrsflugzeugen abgejagt, konnte bei Frachtjets jedoch bislang kaum punkten. Die Frachtversion der A350 würde laut Bloomberg auf deren Standardversion A350-900 basieren. Bis der Typ zugelassen ist und in Dienst geht, dürfte es aber mehrere Jahre dauern.
Viele Boeing-Bestellungen im Mai
Boeing hat derweil seine Auftragsbilanz bei Passagier-Fliegern im vergangenen Monat dank hoher Nachfrage nach 737-Max-Jets deutlich gesteigert. Nach eigenen Angaben erhielt das Unternehmen im Mai insgesamt Bestellungen für 73 Flugzeuge, davon entfiel mit 61 der Großteil auf Max-Modelle. Die Baureihe bleibt der Bestseller des Konzerns, obwohl sie nach zwei Abstürzen ab März 2019 rund 20 Monate lang mit Flugverboten belegt war und zuletzt schon wieder Probleme mit der Elektrik hatte. Zum Vergleich: Airbus hat im Mai lediglich sieben Neubestellungen reingeholt. Bei Boeing waren viele 737-Bestellungen in den Monaten zuvor liegen geblieben.
Unter Berücksichtigung von Stornierungen und Umbuchungen holte Boeing im vergangenen Monat 20 neue Aufträge rein. Damit schaffte der US-Konzern im vierten Monat in Folge ein positives Nettoergebnis. Bei den Auslieferungen lag Airbus hingegen deutlich vorne. Die Europäer übergaben 50 neue Maschinen an ihre Kunden. Bei Boeing waren es nur 17 Jets. Probleme mit dem 787 "Dreamliner" drückten die Bilanz.
Beim Vergleich der beiden Aktien (auf Euro-Basis) seit Oktober 2020 hat Airbus die Nase vorn. (Mit Material von dpa-AFX)
Airbus hat zwar weniger Neubestellungen reingeholt, bleibt aber vor Boeing Sieger bei Produktion und Auslieferungen. Die Probleme der Amerikaner dürften die Geschäfte der Europäer auf absehbare Zeit begünstigen. DER AKTIONÄR hat für Airbus ein Kursziel von 130 Euro ausgegeben.