Der US-Flugzeugbauer hatte es angekündigt, nun wird es offenbar auch durchgezogen: Boeings "Dreamliner" wird künftig nicht mehr an der Westküste der Vereinigten Staaten gebaut, sondern nur noch in South Carolina. Das soll Kosten sparen. Die Produktion von Langstrecken-Fliegern darbt weiterhin unter Produktionsmängeln und der Corona-Pandemie. Außerdem muss Boeing auf einen Hubschrauber-Auftrag der Bundeswehr verzichten. Die Boeing-Aktie kommt nicht weiter.
Der kriselnde Flugzeugbauer will die Montage seiner Boeing 787 "Dreamliner" nach North Charleston, South Carolina verlagern. Das hat das Wall Street Journal von eingeweihten Personen erfahren. Bislang wird das Flugzeug noch an beiden Standorten produziert.
Der Dow-Jones-Konzern hatte bereits im Juli erklärt, man suche nach Optionen, um der sinkenden Nachfrage nach dem Langstreckenjet zu begegnen. Damit würde die Montage des "Dreamliner" von der US-Westküste komplett an die Ostküste wechseln. Aktuell wird die Maschine noch im Werk Everett im US-Bundesstaat Washington montiert. Wie viele Mitarbeiter von dem Schritt betroffen sein könnten, bleibt nach Angaben der Zeitung unklar.
Der Konzern steht auch abseits der Corona-Pandemie mit seiner Boeing 787 wegen Produktionsmängeln unter Druck. Anfang September hatte das Unternehmen eingeräumt, dass Inspektionen wegen der Mängel für Verzögerungen bei den Auslieferungen sorgten. Offen bleibt laut dem Blatt ebenfalls, ob diese Probleme entscheidend für die Verlagerung der Montage sind.
Boeing ist schwer angeschlagen und muss sparen. Die "Dreamliner"-Produktion wurde gesenkt. Bis 2022 werden monatlich nur noch sechs statt zehn Flugzeuge produziert. Die Corona-Pandemie und das Debakel um den nach zwei Abstürzen mit Flugverboten belegten Krisenjet 737 Max haben den Konzern tief in die roten Zahlen gebracht. Zuletzt keimte Hoffnung auf, dass es beim Krisenflieger zu einer baldigen Wiederzulassung kommt (DER AKTIONÄR berichtete).
Der Boeing-Kurs konnte sich in den vergangenen Tagen wieder vom tiefsten Niveau seit Ende Mai erholen, scheiterte aber zuletzt an der 50-Tage-Linie bei 168,20 Dollar.
Als Rückschlag gilt auch, dass die Bundeswehr das Verfahren für den Kauf neuer schwerer Transporthubschrauber der Streitkräfte aus Kostengründen vorerst abgebrochen hat. Die Bundeswehr sucht nach einem Nachfolger für den in die Jahre gekommenen Sikorsky CH-53G, der bis 2030 aus dem Betrieb genommen werden soll.
Boeing hatte sich mit seinem CH-47 "Chinook" - der mit der charakteristischen Bananen-Form und zwei Rotoren - um den Auftrag bemüht. Auch Konkurrent Sikorsky hatte sich beworben. An dem Sikorsky-Angebot für sein Modell CH-53K ist ein deutsches Industrieteam beteiligt, dem die Unternehmen Rheinmetall, MTU Aero Engines, Autoflug und Hydro Systems angehören.
Die Meldung, dass die Welthandelsorganisation WTO Strafmaßnahmen der EU gegen die USA in Sachen Subventionen für Boeing billigt, hat jedoch keine direkten Auswirkungen auf die Boeing-Aktie. In einer ähnlichen Beschwerde der USA gegen rechtswidrige europäische Subventionen für den Konkurrenten Airbus hatten die Schlichter wiederum den USA im Oktober 2019 Strafzölle auf EU-Waren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar im Jahr genehmigt. (Mit Material von dpa-AFX)
Nach wie vor liegt das Geschäft von Boeing coronabedingt am Boden. Ohne eine Bewältigung der Corona-Pandemie wird sich darin nichts maßgeblich ändern. Kurzfristig orientierte Anleger können auf einen zu erwartenden Aufschwung mit der Wiederzulassung der Boeing 737 Max spekulieren. Alle anderen warten an der Seitenlinie.