Der Telekom-Konzern wandelt sich. Dank dem neuen Mobilfunk-Standard 5G wird in der Computerspiele-Branche neues Geschäftspotenzial gefunden. Im Bereich Cloud-Gaming nimmt es die Telekom künftig sogar mit den Branchenriesen Google und Microsoft auf. Die T-Aktie gibt jedoch ein Warnsignal.
Der künftige Hoffnungsträger steht ein wenig abseits der Messehallen. Während noch bis zum Wochenende Hunderttausende Zocker zur Computerspiele-Messe Gamescom strömen, befindet sich ganz in der Nähe die Zukunft. Auf einer Ebene des alten, 50 Meter hohen Mobilfunk-Turms ist eine brandneue 5G-Antenne montiert - eine der wenigen, die in Deutschland bereits live geschaltet sind.
Der ultraschnelle Mobilfunk-Standard ermöglicht nicht nur die Übermittlung deutlich größerer Datenmengen, sondern auch eine Reaktionszeit - Latenz - nahe null. Das heißt: Zockt man auf dem Smartphone oder dem Tablet ein Spiel mit anderen, ebenfalls vernetzten Usern, kann es in Quasi-Echtzeit ein Wettrennen oder eine Schießerei geben. Verzögerungen gibt es kaum noch, so zumindest stellt es die Telekommunikationsbranche dar. Sie verspricht sich gute Geschäfte dank Gaming - und reibt sich die Hände.
Im Konsumentenbereich werde die Nachfrage nach 5G-Mobilfunk einen "enormen Schwung auch durch Games" bekommen - und umgekehrt Games durch 5G, sagt etwa Telekom-Chef Tim Höttges. Das sei ein "Megatrend" mit stark wachsenden Online-Zugriffen auf Games. Sein Kollege von Vodafone, Hannes Ametsreiter, sieht es ähnlich: "Die Gaming-Branche boomt - sie braucht hohe Bandbreiten und geringe Latenzen, also braucht sie auch 5G."
Schneller als Festnetz
5G ist vor allem für "Mobile Games" wichtig, also fürs Spielen unterwegs etwa auf dem Smartphone oder Tablet. Unter bestimmten Umständen sei 5G aber selbst zu Hause besser für Gaming, schließlich seien Latenz und Datenvolumen im Festnetz - je nach Anschluss - mitunter langsamer, sagt Vodafone-Technikchef Gerhard Mack. "Im Festnetz sind es bei uns im Schnitt 30 Millisekunden Latenz, im 5G-Mobilfunknetz hingegen nur zwölf, 13 Millisekunden." Beide Werte dürften aber noch sinken durch technische Verbesserungen.
Experten werten 5G als starken Treiber für die Branche. "Mobile Gaming boomt, der Bereich wächst in Deutschland pro Jahr um etwa ein Viertel", sagt Martin Wrulich von der Unternehmensberatung McKinsey. Bei beliebten Spielen wie Pokemon Go sei eine direkte Interaktion mit anderen Spielern bisher nicht möglich, dank 5G werde sich das ändern. Die Spiele seien technisch inzwischen so aufwendig, dass sie hohe Rechenleistungen erforderten. "Nun verschiebt man den Rechenaufwand in die Cloud und schickt dem Nutzer nur noch ein Live-Bild auf sein Smartphone - am besten über 5G und nicht über WLAN, weil das in der Regel höhere Latenzen hat."
Cloud-Gaming neuer Trend
Google prescht mit seinem Cloud-Gaming-Dienst Stadia vor. "Die meisten Plattformen erreichen ihr Maximum bei 100 bis 150 Millionen Nutzer. Wir schauen auf Milliarden", sagte Google-Manager Jack Buser heute auf der Gamescom. Mit Stadia wolle Google auch Kunden gewinnen, die bislang nur wenig oder noch keinen Zugang zu Videospielen hätten.
Bei Cloud-Gaming-Diensten wie Stadia laufen Spiele in Rechenzentren, Nutzer streamen nur Bild und Ton auf ihr Tablet, das Smartphone oder den Fernseher. Teure Konsolen oder Spiele-PCs sind so nicht mehr nötig. Es soll eine stabile Internet-Leitung mit mehr als zehn Megabit pro Sekunde reichen. Zugang gibt es für eine monatliche Gebühr. Auch die Konsolen-Platzhirsche Sony und Microsoft sowie unter anderem die Deutsche Telekom arbeiten an ähnlichen Angeboten.
Die Telekom-Aktie gehörte heute in freundlichem Umfeld dennoch zu den schwächeren Werten. Dabei spielten auch charttechnische Aspekte eine Rolle. Nachdem der Kurs der T-Aktie die 50-Tage-Linie nicht überwinden konnte, rutschte er nun auch unter die 200-Tage-Linie (im Chart grün).
Wie wichtig Gaming für die Telekom-Branche ist, verdeutlicht der steigende Anteil der Online-Spiele am Datenvolumen. 2015 habe dieser bei Vodafone noch bei fünf Prozent gelegen, heute seien es 15 Prozent, sagt Mack. Und in einigen Jahren dürften es 30 bis 35 Prozent sein.
Auch der Branchenverband Game hat die Bedeutung erkannt. Spieler wie Entwickler brauchten schnelle und stabile Datenanbindungen, betont Verbandschef Felix Falk. Da Spieler inzwischen mehr auf Mobilgeräte setzen statt auf PC oder Konsolen, sei 5G wichtig. Ein zügiger Ausbau wäre daher hilfreich für die Branche, noch immer gebe es hierzulande zu viele Funklöcher oder zu langsame Datenverbindungen.
Mit Material von dpa-AFX
Es wird dauern, bis sich das Gaming-Engagement für die Deutsche Telekom auszahlt. Zunächst muss 5G erst noch ausgebaut werden. Hier ist die Telekom aber auf einem guten Weg. Wenn die T-Aktie es wieder über die 200-Tage-Linie schafft, könnte es eine neue Attacke auf das 52-Wochen-Hoch bei knapp 16 Euro starten.
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Deutsche Telekom.