Immer wieder gab es in der Vergangenheit bereits Diskussionen, ob das Land Nordrhein-Westfalen bei der Stahlsparte von Thyssenkrupp einsteigen soll. Bislang kam es dazu nicht, doch am Wochenende hat die Chefin der Krupp-Stiftung, die nach wie vor Großaktionär ist, einen solchen Schritt wieder einmal ins Gespräch gebracht.
„Eine Beteiligung des Landes könnte eine denkbare Option sein“, sagte Ursula Gather der Rheinischen Post. Staatsbeteiligungen seien zwar nicht ganz einfach, weil der Staat in Interessenkonflikte kommen könne. „Auf der anderen Seite hat Nordrhein-Westfalen sicherlich ein großes Interesse daran, dass die notwendige Dekarbonisierung nicht zur Deindustrialisierung des Ruhrgebiets führt.“ Thyssenkrupp Steel brauche Kapital, um die Investitionen in den grünen Stahl stemmen zu können.
Bei Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sieht sie die Frage in guten Händen: „Das Problembewusstsein in der schwarz-grünen Landesregierung ist groß, sie sieht die Herausforderungen des Ruhrgebiets. Ich erlebe bei Hendrik Wüst eine große Offenheit beim Finden von Lösungen. Ich kann mir gut vorstellen, dass er alle denkbaren Optionen prüfen wird.“
Unterstützung für Abspaltungspläne
Gather begrüßt es, dass Konzernchefin Martina Merz trotz Krise an der Abspaltung festhält: Trotz der geopolitischen Unwägbarkeiten bleibt die Strategie des Vorstands richtig, den Stahl zu verselbständigen und aus dem Konzern eine Group of Companies zu machen. Die Umsetzung der Strategie läuft nach Plan: Das Edelstahlwerk in Italien ist verkauft, die Vorbereitung des Börsengangs von Nucera kommt voran. Nun arbeitet der Konzern an den Details der Stahl-Abspaltung.
Zur Frage, ob die Aktionäre schon auf der Hauptversammlung im Frühjahr über eine Abspaltung entscheiden, sagte Gather: „Über Termine will ich nicht spekulieren. Klar ist: Alle Beteiligten wollen diesen Weg gehen und haben ihn bereits beschritten.“
Kritk an der Dividende
Kritik kommt von Gather dagegen beim Thema Dividende auf. „Für 2022 werden wir wie alle Thyssenkrupp-Aktionäre wohl erneut auf eine Dividende verzichten, es wäre das dritte dividendenlose Jahr in Folge und das fünfte binnen zehn Jahren. Das kann selbstverständlich so nicht weitergehen“, sagte sie. Die Stiftung setze darauf, dass es 2024 für 2023 wieder eine Ausschüttung geben werde. Zudem geht die Stiftungschefin davon aus, dass Thyssenkrupp das Geldverbrennen bald hinter sich lässt. „Der Konzern ist für alle sichtbar dabei, den Mittelabfluss zu stoppen.“ Es gibt zudem nun positive Effekte durch die Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank. Diese entlaste Thyssenkrupp etwas, da die Pensionslasten so geringer würden. Wegen der Gaskrise sei der Konzern bereits auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten.
Die Krupp-Stiftung hält 21 Prozent an Thyssenkrupp. Gather ist seit 2013 Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung.
Es bleibt spannend, wie es mit der Stahlsparte weitergeht. Doch solange der Bereich noch Bestandteil des Konzerns ist, wird die hohe Zyklik beim Stahl weiter dafür sorgen, dass die Thyssenkrupp-Aktie sehr konjunkturabhängig ist. Aktuell greifen angesichts der Rezessionssorgen deshalb nur spekulative Anleger zu.
Mit Material von dpa-AFX