Für kaum eine Branche wird der Wandel zur Klimaneutralität so herausfordernd wie für die Stahlindustrie. Auch Thyssenkrupp muss Milliarden für grünen Stahl investieren, um die Emissionsziele zu erreichen. Nun hat Deutschlands größter Stahlhersteller dafür nach eigenen Angaben einen Milliardenauftrag vergeben.
Die in Duisburg geplante Anlage zur kohlendioxidarmen Herstellung von Stahl soll vom Anlagenbauer SMS Group errichtet werden, wie Thyssenkrupp am Freitag mitteilte. Es handele sich um eines der weltweit größten Dekarbonisierungsprojekte, betonte das Unternehmen. Allein mit dieser Anlage werde Thyssenkrupp jährlich über 3,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid bei der Produktion einsparen.
SMS soll eine wasserstoffbetriebene sogenannte Direktreduktionsanlage (DR-Anlage) sowie zwei Einschmelzer bauen. Es handele sich um die größte DR-Anlage in Deutschland. Sie soll einen Hochofen ersetzen. Klimaneutral hergestellter Wasserstoff soll dabei die in Hochöfen verwendeten Kohle und Koks ersetzen, um dem Eisenerz Sauerstoff zu entziehen. Anders als Hochöfen produzieren DR-Anlagen kein flüssiges Roheisen, sondern festen Eisenschwamm. Damit dieser zu Stahl weiterverarbeitet werden kann, muss er erst eingeschmolzen werden.
Nach früheren Angaben wird alles zusammen mehr als zwei Milliarden Euro kosten. Ein Großteil davon dürfte auf den jetzt bekannt gegebenen Auftrag entfallen. Thyssenkrupp wollte sich am Freitag nicht zum genauen Auftragsvolumen äußern. Das Gesamtprojekt soll vor allem mit Hilfe von Fördermitteln gebaut werden. Es stehe noch unter dem Vorbehalt einer beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission, wie eine Unternehmenssprecherin sagte. Diese werde in den kommenden Monaten erwartet.
CO2-intensive Stahlindustrie
Bei der klassischen Stahlherstellung in kohlebasierten Hochöfen entstehen sehr große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid. Thyssenkrupp ist nach früheren Angaben für rund 2,5 Prozent des bundesweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich, im Ruhrgebiet sogar für rund ein Viertel der Kohlendioxid-Emissionen. Auch andere Stahlhersteller wie etwa Salzgitter wollen Direktreduktionsanlagen bauen.
Weitere Einzelheiten zu dem Projekt will Thyssenkrupp am kommenden Mittwoch mitteilen. An einem Pressetermin wollen auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sowie die Thyssenkrupp-Vorstandsvorsitzende Martina Merz teilnehmen.
Der Wandel zu grünem Stahl erfordert weiter kräftige Investitionen. Doch das ist längst eingepreist. Thyssenkrupp hat hier zwar noch einen weiten Weg vor sich, aber die Richtung stimmt. Wer darauf setzt, dass die Konjunktur robuster bleibt als befürchtet, kann deshalb weiter auf steigende Kurse beim Zykliker setzen.
Mit Material von dpa-AFX
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