Seit der Veröffentlichung der Zahlen in der vergangenen Woche geht es mit der Aktie von ThyssenKrupp rapide bergab. Die Talfahrt setzt sich am Mittwoch im schwachen Marktumfeld fort. Dabei konnte das Unternehmen nach den zahlreichen Hiobsbotschaften in den vergangenen Jahren dieses Jahr mehrfach positiv überraschen.
So erhöhte der Konzern im Mai bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr die Prognose für das bis Ende September laufende Geschäftsjahr 2020/21. Die Konjunkturerholung in vielen Bereichen sowie höhere Stahlpreise spielen ThyssenKrupp in die Hände. Operativ will der Konzern wieder in die schwarzen Zahlen zurückkehren. Daran war noch zu Jahresbeginn nicht zu denken, nachdem der Konzern im vergangenen Jahr Milliardenverluste angehäuft hatte.
Doch die Erholung in der Stahl- und der Automobilindustrie sowie gute Geschäfte mit Industriekomponenten brachten zuletzt Schwung. Daneben profitiert ThyssenKrupp auch von seinem Sanierungsprogramm, welches sich langsam auszuzahlen beginnt. Allerdings ist der Konzern noch nicht am Ziel. Und so warnt Konzernchefin Merz auch vor zu viel Euphorie. „Ausruhen“ dürfe man sich nicht. Es liege „noch viel Arbeit vor uns“, sagte die Managerin zur Vorlage der jüngsten Quartalszahlen. Die Neuausrichtung bleibe „ein Weg der vielen kleinen Schritte“.
Die Essener wollen sich in Zukunft vor allem auf das Geschäft mit Industrie- und Autokomponenten sowie den Stahlhandel konzentrieren. Dazu kommen weitere Bereiche wie etwa der Schiffbau. Unrentable oder zu kleine Segmente stehen vor einem Verkauf oder werden geschlossen, wie etwa das Geschäft mit Grobblech. Der Plan sieht auch den Abbau von tausenden Stellen vor.
Trendthema Wasserstoff
Potenzial sieht ThyssenKrupp auch im derzeit heiß diskutierten Wasserstoffbereich. Ein angepeilter Verkauf des Chemieanlagenbaus wurde daher gestoppt. Zuletzt konnte das Unternehmen beim derzeitigen Trendthema Nummer 1 punkten: So zog der Konzern mehrere Aufträge für den Bau von Elektrolyseanlagen an Land.
Ziel ist dabei die Schaffung klimaneutraler Energie, die auch bei der Stahlherstellung eine größere Rolle spielen soll. Um klimaschädliche Treibhausgase zu reduzieren, wetteifern die Produzenten um Ideen für eine CO2-neutrale Stahlerzeugung. Hierbei gilt Wasserstoff derzeit als der Renner. Doch der Umbau erfordert hohe Investitionen – Kosten, die die Stahlhersteller nicht alleine stemmen wollen. Deswegen fordern sie Unterstützung vom Staat.
Stahl-Abschied weiter möglich
Abseits dessen strebt ThyssenKrupp mittelfristig weiter eine Trennung vom Stahlgeschäft an, welches stark schwankt und sehr kapitalintensiv ist. Nachdem ein Verkauf an den Konkurrenten Liberty Steel zuletzt an zu unterschiedlichen Vorstellungen sowohl preislicher als auch strategischer Art scheiterte, strebt das Management nun „perspektivisch“ eine Abspaltung an. In diesem Jahr wird dies jedoch nicht mehr über die Bühne gehen.
Durch den massiven Abverkauf ist die Aktie von ThyssenKrupp bis an den Stoppkurs bei 9,30 Euro gefallen. Sollte dieser unterschritten werden, wird der MDAX-Titel auf Einstandsniveau verkauft. Da der Mittelabfluss nicht so schnell gestoppt werden kann wie erhofft, ist die Stimmung derzeit ohnehin nicht gut. Kommt es zum Verkauf, sollte vor einem Wiedereinstieg zunächst eine Bodenbildung abgewartet werden.
Mit Material von dpa-AFX