Monatelang fieberten Nel-Aktionäre auf die Nikola World in Scottsdale, Arizona, hin. Schließlich musste der Gastgeber, Nikola-Motor-Chef Trevor Milton, den vollmundigen Ankündigungen in Elon-Musk-Manier auf Twitter auch Taten folgen lassen. Gesagt, getan. Die Show verlief reibungslos. Und Nel war mittendrin. Das norwegische Unternehmen ist einer der wichtigsten Partner von Nikola Motor – doch auch in Zukunft? Schließlich sind 700 Wasserstofftankstellen in den USA geplant.
Wette auf den Durchbruch
Nikola Motor ist der mit Abstand wichtigste Kunde für Nel. Im letzten Jahr beauftragten die Amerikaner das bis dato relativ unbekannte norwegische Unternehmen mit der Lieferung der ersten Wasserstofftankstellen und dazugehörigen Elektrolyseuren. Nel bezifferte den Auftrag auf über eine Milliarde Dollar. Doch mit 56 H2-Stationen will sich Nikola Motor nicht zufriedengeben. Schließlich muss die Versorgung der vorgestellten Brennstoffzellen-Trucks auf dem gesamten Gebiet der USA gewährleistet werden. Kommt Nel auch bei den restlichen Stationen zum Zug? „Ich möchte nicht darüber spekulieren. Wenn wir insgesamt eine gute Arbeit leisten, könnten sie sagen, dass sie die Arbeit mit uns fortsetzen“, sagte Nel-Chef Jon André Løkke im Gespräch mit DER AKTIONÄR Ende Januar 2019.
Derweil lehnt sich Norne Securities weiter aus dem Fenster. Ein Analyst besuchte die Nikola World und hat offensichtlich brisante Details zu einer potenziellen Fortsetzung der Kooperation aufgeschnappt. Denn Norne Securities hat kräftig an der Kurszielschraube für die Nel-Aktie gedreht. Nach der Nikola World passte die norwegische Investmentbank das Kursziel von sieben Norwegische Kronen auf satte 11,95 Kronen an. Das entspricht umgerechnet einem Zielkurs von knapp 1,24 Euro.
Darin enthalten: Die komplette Lieferung der 700 Stationen an das Start-up Nikola Motor. Den Gesamtgegenwert taxiert Norne Securities auf eine Milliarde Dollar. Allein dieser Auftrag steht für 7,40 Kronen des neuen Kursziels. Darüber hinaus könnte Nel langfristig in den Genuss weiterer Aufträge von Nikola Motor kommen. Schließlich planen die Amerikaner mit dem Truck „Nikola Tre“ Europa zu erobern.
Mehr als Nikola Motor
Wasserstoff könnte nicht nur die Mobilität der Zukunft auf den Kopf stellen. Auch die Industrie befasst sich immer mehr mit dem sauberen Energieträger. Nel gilt hier als eine der führenden Adressen unter den Wasserstoff-Spezialisten. Denn das Unternehmen tüftelt seit Jahrzehnten an Elektrolyse-Technologien, die die Basis bilden, um grünen Wasserstoff zu produzieren.
Eine dieser Technologien soll bei der ersten nahezu emissionsfreien Eisen- und Stahlproduktion in Schweden zum Einsatz kommen. Auftraggeber ist das Joint Venture Hybrit Development, dem unter anderem der Energieversorger Vattenfall angehört. Wasserstoff dürfte nicht nur in der Hüttenindustrie in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. der aktionär erhofft sich viel vom Nel-Projekt mit dem Düngemittelhersteller Yara. Das „theoretische“ Marktpotenzial beziffert Nel auf über 100 Milliarden Dollar – und das nur bei der Ammoniak-Produktion.
Enormes Potenzial in Asien
Neben Nikola Motor und Elektrolyse-Anwendungen in den westlichen Industrienationen darf der asiatische Markt nicht vergessen werden. Südkorea und Japan fahren in Sachen Wasserstoffmobilität gegenwärtig vorne weg. Schließlich setzen Toyota (Mirai) und Hyundai (Nexo) bereits auf Serienmodelle mit Wasserstoffantrieb. Gerade in den asiatischen Märkten schlummert für Nel enormes Potenzial. Erste Aufträge konnten die Norweger in Südkorea für Wasserstoffstationen bereits verbuchen.
Mit Aufträgen aufwärts
Die Norweger müssen aus den zahlreichen Projekten und Kooperationen endlich die Früchte ernten. Denn nach wie vor schreibt der Elektrolyse-Spezialist rote Zahlen. Trotzdem eilt die Nel-Aktie von Hoch zu Hoch. Anleger preisen also gewisse Ereignisse in naher Zukunft bereits ein. Die Story findet an der Börse weiter Anklang, die Aktie befindet sich in einem regelrechten Rausch. Aufgrund der hohen Volatilität kann es jedoch jederzeit zu Rücksetzern kommen.
Hinweis: Dieser Artikel erschien bereits in der AKTIONÄR-Ausgabe 19/2019, welche für Sie hier als Download bereitsteht.