In den vergangenen Jahren hat Infineon vor allem auf Wachstum aus eigener Kraft gesetzt. Im Juni kündigte der Chiphersteller an, für neun Milliarden Euro den US-Konkurrenten Cypress Semiconductor übernehmen zu wollen. Ende August stimmte die überwiegende Mehrheit der Aktionäre des US-Konkurrenten für die geplante Übernahme. Damit wurde eine wichtige Hürde auf dem Weg zum größten Zukauf in der Konzerngeschichte genommen. Vorstand Reinhard Ploss will den Zukauf bis Anfang 2020 abgeschlossen haben.
„Die geplante Übernahme von Cypress ist ein großer und richtungsweisender Schritt bei der strategischen Weiterentwicklung von Infineon“, sagt Vorstand Reinhard Ploss. Dem Vernehmen nach gab es nur wenig geeignete Objekte. Den Deal will sich Infineon insgesamt neun Milliarden Euro kosten lassen – und damit die Basis für eine erfolgreiche Zukunft legen.
Mit den Amerikanern erhalten die Münchner Zugriff auf wichtige Kommunikationschips für die vernetzte Welt und auf stark gefragte Mikrocontroller – und spart sich damit die Kosten und die Zeit, diese selber zu entwickeln. Am Ende dürfte der Konzernchef seinem Ziel näherkommen, komplette Systeme aus einer Hand anzubieten, statt nur einzelne Produkte im Programm zu haben.
Durch den Zukauf würde der DAX-Konzern weltweit zur Nummer acht unter den Chip-Herstellern aufsteigen – und die Nummer eins bei Chips für den Automobilmarkt werden. „Mit der Transaktion können wir unseren Kunden das umfassendste Portfolio für die Verbindung der realen mit der digitalen Welt anbieten. Damit erschließen wir große zusätzliche Wachstumspotenziale in den Bereichen Automobil, Industrie und Internet der Dinge“, so Ploss. Außerdem mache diese Transaktion das Geschäftsmodell noch robuster.
Die Cypress-Aktionäre haben der Übernahme bereits zugestimmt. Ploss will den Zukauf bis Anfang 2020 abgeschlossen haben. Eine weitere Voraussetzung dafür ist die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden. In der Vergangenheit war die angedachte Übernahme des US-Halbleiterspezialisten Wolfspeed am Veto der Kartellwächter gescheitert. Der Konzernchef gibt sich aber zuversichtlich, dass es diesmal klappen wird.
Perspektivisch soll Infineon auch durch diesen Zukauf wieder zum dauerhaft hohen Wachstum der Vergangenheit zurückkehren. Gestemmt werden soll die Übernahme zum Teil über eine bereits erfolgte Kapitalerhöhung, die bei den Anlegern aber auf wenig Begeisterung stieß. Die Aktie fiel kurz unter das Niveau der Kapitalmaßnahme bei 13, 70 Euro zurück, startete dann aber eine dynamische Aufwärtsbewegung.
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Kurs im Bereich des Verlaufshochs aus dem Juli um 18 Euro eine kleine Verschnaufpause einlegt. Kann sich die Aktie im Anschluss von dieser Hürde lösen, wäre der Weg aus charttechnischer Sicht in Richtung 21,50 Euro geebnet. Danach könnte die Aktie wieder Kurs auf die alten Hochs bei 25 Euro nehmen.
Die Technologieportfolios beider Gesellschaften ergänzten sich und eröffnen großes Potenzial in wachstumsstarken Zielmärkten Automotive, Industrie und Internet der Dinge. Winken die US-Behörden den Deal durch und geht der Übernahmeplan vom Vorstand auf, dürfte der Konzern mittelfristig operativ profitieren – und die Aktie deutlich höher notieren. Anleger mit Weitblick können das aktuelle Niveau daher weiter zum Auf- oder Ausbau einer Position nutzen.
Hinweis nach §34 WPHG zur Begründung möglicher Interessenkonflikte: Akien oder Derivate, die in diesem Artikel besprochen / genannt werden, befinden sich im "Real-Depot" von DER AKTIONÄR.