Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Joe Biden die US-Präsidentschaftswahl gewinnt. Der von den möglichen Sanktionen der USA betroffene Bürgermeister von Sassnitz, Frank Kracht (parteilos), macht sich diesbezüglich aber wenig Illusionen über eine einfachere Zukunft.
Er verwies gegenüber der Deutschen Presse-Agentur darauf, dass der US-Kongress die geplanten Sanktionen gegen Beteiligte am Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 mit sehr großer Mehrheit bestätigt habe – also auch mit den Stimmen vieler Demokraten. Selbst der ehemalige US-Präsident Barack Obama habe die Pipeline kritisiert, die russisches Erdgas nach Deutschland bringen soll. Seine einzige Hoffnung sei, dass die Politik mit dem Demokraten Joe Biden «etwas menschlicher» werden könnte.
"Drohbrief" erhalten
Der Kommunalpolitiker Kracht ist betroffen, weil er aufgrund seines Amtes ein sogenannter geborener Gesellschafter der Fährhafen Sassnitz GmbH ist. In deren Hafen Sassnitz-Mukran lagern die Rohre für den Bau der Pipeline. Die Stadt Sassnitz ist zu 90 Prozent, das Land Mecklenburg-Vorpommern zu 10 Prozent Gesellschafter der GmbH.
Ein "Drohbrief" von drei US-Senatoren sei an die Fährhafen Sassnitz GmbH gegangen, sagte Kracht. Darin sei den Vorstandsmitgliedern, leitenden Angestellten und Aktionären die Einreise in die USA untersagt worden. Jegliches Eigentum in den USA werde eingefroren. Die Mitarbeiter hätten nichts zu befürchten, sagte Kracht. Die Betroffenen hätten sich rechtlich beraten lassen. Er selbst besitze weder Vermögen noch Immobilien in den USA, könnte aber als Bürgermeister nicht mehr in die Partnerstadt Port Washington reisen.
Es fehlen nur noch 150 Kilometer
Ein Sprecher machte aber auf die Konsequenzen aufmerksam, wenn die Pipeline nicht zu Ende gebaut werde: Ein Stopp würde Investitionen von rund 700 Millionen Euro verhindern, die zum Fertigbau nötig seien. Knapp 8 Milliarden Euro seien bereits in die Pipeline investiert, weitere 3,75 Milliarden in die Leitungen an Land. Es fehlen noch 150 des insgesamt 2.360 Kilometer langen Doppelstrangs.
Wie bereits erklärt wäre auch ein US-Präsident namens Joe Biden nicht zwangsläufig besser für die Gazprom-Aktie. Der Streit um Nord Stream 2 dürfte sich auch unter ihm fortsetzen. Die sehr günstig bewerteten Anteile des weltgrößten Erdgasproduzenten bleiben daher weiterhin ausnahmslos für mutige Anleger geeignet. Diese sollten nach wie vor den Stopp bei 3,20 Euro beachten.
Mit Material von dpa-AFX