Die großen Verkehrsflugzeug-Hersteller stehen wohl vor dem größten Auftrag einer einzelnen Airline. Airbus wird einen Großauftrag über 235 Kurz- und Mittelstrecken-Maschinen aus der A320-Familie erhalten, Boeing dürfte eine Bestellung über eine ähnlich hohe Zahl erhalten, verlautet aus Branchenkreisen. Beide Aktien dürften ihren Aufschwung fortsetzen.
Informationen von Luftfahrt-Insidern zufolge dürfte die indische Fluggesellschaft Air India vor einem Mega-Auftrag über fast 500 Flugzeuge für einen hohen zweistelligen Milliarden-Betrag stehen. Der europäische Flugzeugbauer Airbus erhält demnach einen Großauftrag über 235 Maschinen. Das Geschäft solle am 27. Januar bekanntgegeben werden, meldet die Agentur Reuters.
Auftrag über fast 500 Jets
Insgesamt will Air India 425 Kurz- und Mittelstrecken-Maschinen bestellen, davon neben den Airbus-Flugzeugen auch 190 Boeing MAX-Flieger, wie es weiter hieß. Hinzu kämen noch bis zu 70 Großraumflugzeuge – darunter 40 Airbus A350, 20 Boeing 787 'Dreamliner' und zehn Boeing 777X.
Erste Gerüchte über einen bevorstehenden Mega-Auftrag von Air India gab es bereits im Dezember. Nun scheinen sie sich zu verdichten. Einschließlich Optionen dürften die Jets zu Listenpreisen mehr als 100 Milliarden Dollar kosten. Es wäre damit der volumenmäßig größte Auftrag einer einzelnen Airline überhaupt. Allerdings sind bei Massen-Bestellungen große Rabatte üblich.
Lange Lieferfristen
Die Airbus-Aktie profitierte in den vergangenen Wochen noch von weiteren Großaufträgen. So bestellte Delta Air Lines zwölf A220-300 und Uzbekistan Airways acht A320neo und vier A321neo. Die Kunden werden jahrelang auf ihre Flieger warten müssen. Airbus-Verkaufschef Christian Scherer hatte vor zwei Wochen in einer Telefonkonferenz mit Journalisten gesagt: Wer heute einen Mittelstreckenjet aus der Modellfamilie Airbus A320neo bestelle, müsse bis 2029 auf die Auslieferung warten.
Die Airbus-Aktie näherte sich zuletzt den Jahreshöhen aus 2022 (siehe Chart).
Die Berenberg Bank stufte die Anteile des europäischen Flugzeugbauers kürzlich allerdings von "Buy" auf "Hold" herab und senkte auch das Kursziel von 150 auf 120 Euro recht deutlich. Zur Begründung schrieb Analyst Philip Buller, dass die Folgen der hohen Inflation 2023 auf den Gewinnmargen lasten. Hinzu kämen nach wie vor teils Lieferengpässe bei Vorprodukten.
Boeing 737 Max wird wieder geordert
Auch der Airbus-Erzrivale Boeing kann sich über mangelnde Aufträge nicht beklagen. Anfang Januar hat der asiatische Flugzeugfinanzierer BOC Aviation Limited bei Boeing einen Auftrag über weitere 40 Boeing 737 Max platziert. Damit wird BOC Aviation insgesamt 80 Boeing 737 Max erhalten.
Und die amerikanische Fluggesellschaft Hawaiian Airlines hat zwei zusätzliche Boeing 787-9 bestellt. Auch der Air-India-Auftrag würde dem US-Flugzeugbauer nach dem 737-Max-Debakel sehr gelegen kommen.
Weitere Verzögerungen beim 'Dreamliner'
Allerdings rechnet Boeing mit verschärften Lieferengpässen bei seiner 787, genannt 'Dreamliner'. Das Branchenportal Aero.de berichtet, Boeing habe die Fluggesellschaften neue Verzögerungen gebeichtet. Einzelne Auslieferungs-Termine verschieben sich offenbar um bis zu 15 Monate. Viele Auslieferungen werden wohl von 2024 ins Jahr 2025 rutschen.
Boeing wird am kommenden Mittwoch die Geschäftszahlen zum vierten Quartal 2022 vorlegen. Mit dem starken Kursanstieg von etwa drei Viertel seit Anfang Oktober dürften allerdings bereits viele Vorschusslorbeeren für das Erstarken des Geschäfts im Kurs enthalten sein (siehe Chart NYSE).
Nach der Krise durch die Corona-Pandemie brauchen viele Airlines wieder Interkont-Flugzeuge von Airbus und Boeing. Nur sind die gerade Mangelware – und Entspannung ist nicht in Sicht. Das überraschende Ende der Corona-Beschränkungen in China sorgte zuletzt für viel Fantasie bei den beiden Aktien.
Für einen weiteren Aufschwung über die Jahreshöhen von Februar 2022 hinaus bedarf es neuer Impulse. DER AKTIONÄR erwartet in den kommenden Wochen bei Airbus und Boeing keine großen Kurssprünge nach oben und bleibt derzeit an der Seitenlinie. Wer die Aktien bereits hat, kann Teil-Gewinnmitnahmen in Betracht ziehen.