Nach dem Kurssturz am gestrigen Mittwoch hat sich Wirecard inzwischen etwas ausführlicher zu den schweren Vorwürfen geäußert, die in einem Artikel der Financial Times (FT) erhoben werden. Auch erste Analysten, Staatsanwaltschaft und Finanzaufsicht BaFin haben nun reagiert. Die Aktie kann sich derweil etwas erholen.
In einem Statement, das Wirecard zwischenzeitlich auf der Unternehmenswebsite veröffentlicht hat, wird der FT-Bericht als „ungenau, irreführend und diffamierend“ bezeichnet. „Aus unseren kontinuierlichen internen und externen Auditaktivitäten sind keine wesentlichen Compliance-Feststellungen über die Governance- und Rechnungslegungspraktiken einer Wirecard-Tochtergesellschaft oder das persönliche Verhalten von Herrn Kurniawan hervorgegangen“, heißt es darin weiter.
Der Journalist sei mit falschen Informationen versorgt worden, zudem habe es vor Erscheinen des Artikels Kapitalmarkt-seitig verstärkte Short-Aktivitäten gegeben. Bezüglich der vorgeworfenen „betrügerischen Transaktionen“ um Verträge zwischen Wirecard und dem Unternehmen Flexi Flex äußert sich Wirecard so: „Zwischen Wirecard und Flexi Flex können keine betrügerischen Transaktionen stattfinden, da Wirecard keine vertraglichen oder geschäftlichen Beziehungen zu diesem Unternehmen unterhält und auch noch nie hatte.“ Schlussfolgerung für Wirecard: „Die Grundlage für den Artikel und die Behauptungen ist sachlich falsch.“
Analysen sehen Kaufchance
Auch einige Analysten erachten die Anschuldigungen als haltlos. Heike Pauls von der Commerzbank bezeichnete den Bericht als „weitere Fake News“ eines Journalisten, der den Finanzdienstleister quasi „in Serie“ angreife. Robin Brass von Hauck & Aufhäuser hält es für „äußerst unwahrscheinlich“, dass das Top-Management von Wirecard die in dem Bericht beschriebenen Praktiken bei der Bilanzierung dulden könnte. Beide werten den jüngsten Crash als Kaufchance.
BaFin und Staatsanwaltschaft ermitteln
Die Finanzaufsicht BaFin hat inzwischen routinemäßige Ermittlungen wegen einer möglichen Kursmanipulation eingeleitet – immerhin wurden im Zuge des Kurseinbruchs rund 2,7 Milliarden Euro Börsenwert vernichtet. Auch die Staatsanwaltschaft München hat gegenüber Bloomberg Vorermittlungen wegen des Verdachts auf Marktmanipulation bestätigt. Für Untersuchungen gegen Wirecard sehen die Ermittler trotz der Betrugsvorwürfe der Financial Times dagegen keinen Anlass.
Die Aktie von Wirecard kann derweil rund zwei Prozent zulegen und damit einen kleinen Teil der jüngsten Verluste ausgleichen. Die seit Jahresbeginn laufende Erholung ist aber dennoch vorerst passé. DER AKTIONÄR teilt die Kaufempfehlungen von Commerzbank & Co nicht und rät stattdessen, die weitere Entwicklung abzuwarten.