Der Elektrokonzern Siemens steht zusammen mit seinem japanischen Partner Mitsubishi kurz vor einem Angebot für Teile des französischen Alstom-Konzerns . Der Siemens-Aufsichtsrat war am Sonntagabend zu einer mit Spannung erwarteten Sitzung zusammengekommen. Ergebnisse wurden zunächst nicht mitgeteilt, dies dürfte erst am Montag geschehen.
Allerdings gab es kaum noch Zweifel, dass Siemens eine eigene Offerte für Teile von Alstom abgeben wird und damit endgültig in ein Bietergefecht gegen den US-Rivalen General Electriceinsteigt. Siemens hatte sich für ein mögliches Angebot das japanische Unternehmen Mitsubishi Heavy Industries (MHI) ins Boot geholt.
Es geht ums Gasturbinengeschäft
Die Offerte von Siemens und MHI sieht nach Medienberichten vor, dass sich Mitsubishi an Alstom beteiligt, in einer Größenordnung von zehn Prozent. Im gleichen Umfang könnte sich der französische Staat beteiligen. Bisher ist der französische Mischkonzern Bouygues Alstom-Großaktionär. Siemens soll sich laut den Berichten nicht an Alstom beteiligen. Dem Vernehmen nach geht es den Münchnern bei dem Geschäft vor allem um das Gasturbinen-Geschäft, während MHI ein Auge auf die Dampfturbinen geworfen haben soll.
Vier Milliarden Euro?
Wie genau eine Offerte des deutsch-japanischen Bündnisses aussehen könnte, war zwar am Sonntag noch unklar. Alleine für das Gasturbinen-Geschäft wird aber über eine Barkomponente von vier Milliarden Euro spekuliert. Zusammen könnten Siemens und MHI dem US-Konzern General Electric (GE) die Stirn bieten, der 12,35 Milliarden Euro für die Alstom-Energietechnik geboten hatten.
Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme hatte bereits den Charakter eines möglichen Alstom-Angebotes betont: „Basis unseres Projekts ist eine Allianz – nicht einfach eine Übernahme gegen Cash“", hatte Cromme der französischen Wirtschaftszeitung Les Echos gesagt. Er habe den Eindruck, dass die französische Politik sich davon angesprochen fühle.
Eigenständigkeit erhalten
Siemens-Chef Joe Kaeser soll am Dienstag in einer Anhörung vor dem Wirtschaftsausschuss der Nationalversammlung in Paris sprechen, wie das Parlament ankündigte. Dies wird in Branchenkreisen als Indiz für ein Gebot von Siemens für Alstom gewertet. Die Münchner hatten wochenlang die Alstom-Bücher geprüft und Management-Interviews geführt. Dabei setzten sie sich auch eine Frist bis Montag, um über eine eigene Offerte zu entscheiden. Spätestens die Beteiligung von MHI in den Poker zeigte dann vor einigen Tagen, dass es Siemens ernst ist mit dem Thema.
Im Falle eines Engagements von Siemens und MHI solle Alstom als eigenständiges Unternehmen erhalten bleiben, heißt es in Branchenkreisen. Teile des Geschäfts der Franzosen könnten dann in Joint Ventures eingebracht werden.
Besseres Angebot
Die französische Regierung erwartet derweil, dass GE sein Gebot für die Alstom-Energiesparte verbessern wird. Der Einstieg von MHI in den Übernahmekampf habe das Angebot von Siemens verbessert, sagte der französische Finanzminister Michel Sapin am Sonntag den Sendern i-Tele und Europe 1 und erklärte zugleich: „Ich denke, GE wird sein Gebot ebenfalls verbessern.“ Siemens hatte auch vorgeschlagen, im Bahntechnik-Bereich ein von französischer Seite kontrolliertes Gemeinschaftsunternehmen zu gründen, um so zwei starke europäische Champions zu schmieden. Dieser Teil einer möglichen Offerte dürfte aber nach dpa-Informationen erst in einem nächsten Schritt auf der Agenda stehen.
Die Siemens-Aktie bleibt einer der Favoriten des AKTIONÄRs für das zweite Halbjahr. Das Papier sollte schon bald die 100-Euro-Marke überspringen und nachhaltig in dreistellige Kursregionen vorstoßen. Für einen Neueinstieg ist es noch nicht zu spät.
(mit Material von dpa-AFX)