Ein Kommentar von Alfred Maydorn: Es ist in diesen Tagen ein wenig so wie in einem Fahrgeschäft auf dem Jahrmarkt. Nachdem es zunächst eine Fahrt in Fahrtrichtung gab, unterbricht der schlechtgelaunte Mann an der Kasse kurz die Helene-Fischer-Beschallung und kündigt mit monotoner Stimme an, dass die nächste Fahrt jetzt rückwärts gehen werde. An den Aktienmärkten wechselt die Richtung derzeit praktisch täglich. Die Nervosität an den Märkten ist spürbar, im Fokus steht vor allem eines: Die Sitzung der US-Notenbank in der kommenden Woche.
Anleihen lassen Luft ab
Was die Aktienmärkte zuletzt belastete, hatte fast ausschließlich mit den Zinsen zu tun. Aber nicht mit den Leitzinsen sondern vielmehr mit denen am Anleihemarkt. Denn die sind wieder kräftig gestiegen. Die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen hat zeitweise 1,75 Prozent erreicht und damit das höchste Niveau seit Mai. Zudem verlief eine Auktion neuer Papiere außerordentlich schleppend. Es gibt Experten, die davor warnen, dass das die ersten Signale sind, dass die gewaltige Spekulationsblase am Anleihemarkt platzen oder zumindest ordentlich Luft verlieren könnte. Jahrelang war trotz extrem niedriger und teilweise negativer Renditen massenhaft Kapital in Anleihen geflossen. Jetzt scheint sich dieser Trend umzudrehen.
Deutsche Rendite wieder positiv
Auch in Deutschland wurden zuletzt Anleihen im großen Stil abgestoßen, die Rendite für 10-jährige Anleihen ist wieder positiv, nachdem sie monatelang in negativem Terrain verharrte. Allerdings ist der aktuelle Zinssatz mit 0,023 Prozent alles andere als üppig. Und selbst in Japan, das ja bekanntlich der Vorreiter der Niedrigzinspolitik war und ist, notiert die Rendite der 10-jährigen mit minus 0,045 Prozent nur noch ganz knapp unter der Nulllinie. Zeitweise waren die Zinsen hier auf minus 0,3 Prozent gefallen.
Cash is King
Die wieder steigenden Zinsen sind keine guten Nachrichten für den Aktienmarkt, gilt doch das Niedrigzinsumfeld als einer der größten Triebfedern für steigende Aktienkurse, wie auch die September-Befragung von Fondsmanagern durch die Bank of America Merrill Lynch ergab. Ein weiteres Ergebnis der Befragung: Die Cashquote hat sich im Vergleich zum August um 0,1 Prozentpunkte auf jetzt 5,5 Prozent weiter erhöht – ein außerordentlich hoher Wert, der nur von den 6,3 Prozent getoppt wurde, die nach den Terroranschlägen im September 2001 erreicht wurde. Der hohe Cashbestand ist ein klassischer Kontraindikator. Schon Cash-Level über 4,5 Prozent gelten allgemein als Kaufsignal, urteilt die die Bank of America.
Warten auf den 21. September
Steigende Zinsen, hohe Cashbestände und verwirrte Marktteilnehmer. Es ist völlig ungewiss, wie es an den Finanzmärkten weitergeht, oder, um im Bild zu bleiben, in welche Richtung die nächsten Fahrten stattfinden werden. Sicher ist nur, dass es spannend bleibt. Und dass vor allem am 21. September, wenn die US-Notenbank ihre Entscheidung verkündet. Dann werden die Weichen gestellt, sowohl für den Anleihe- als auch für den Aktienmarkt. Bis dahin kann man sich noch auf einige Richtungswechsel an den Märkten einstellen. Und das gilt vermutlich auch für die Zeit nach der Zinsentscheidung. Aber der langfristige Trend am Aktenmarkt wird positiv bleiben, denn auch die Zinsen werden niedrig bleiben. Eine Erhöhung um 25 Basispunkte ist nun Mal kein großes Ding – und daher speilt es eigentlich auch keine Rolle, ob sie nun im September oder erst im Dezember kommt.
Dieser Kommentar von Alfred Maydorn ist aus dem kostenlosen Newsletter „Maydorns Meinung“, der Montag bis Donnerstag erscheint. Sie können Maydorns Meinung einfach über diesem Link bestellen. Dann erhalten Sie zusätzlich und ebenfalls kostenlos die maydornreport-Sonderstudie „Die Spekulation des Jahres: 280 Prozent Gewinn mit der Aktie der Zukunft“.