Statt auf Bauchgefühl und umfangreiches Research sollten Aktienanleger bei der Titelauswahl sowie ihrer Gewichtung auf klare Regeln setzen. "Bekanntermaßen sind nur wenige Investoren dazu in der Lage, ihre Benchmark langfristig zu schlagen. „Dies gilt für private, aber auch für professionelle Anleger – auch wenn die persönliche Einschätzung eine andere ist (Dunning-Kruger-Effekt). Zurückzuführen ist dies zum einen auf anfallende Kosten, die mit der Informationsbeschaffung (z.B. Researchstudien) verbunden sind, und zum anderen auf kognitive Schwächen, die praktisch jede Investitionsentscheidung, die nicht allein auf systematischen Regeln beruht, verzerren“, sagt Armin Sabeur, Vorstand und Portfolio-Manager bei Optinova.
Werden Experten überschätzt?
Es ist fraglich, ob die Auswertung der umfangreichen länder-, sektor- und branchenspezifischen Studien sowie der unzähligen Markt- und Unternehmensanalysen, wie sie praktisch von allen Banken und Fondsgesellschaften angeboten werden, überhaupt einen Nutzen in Form zusätzlicher risikoadjustierter Erträge bringt. „Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn die jeweiligen Volkswirte und Analysten deutlich besser als die der Konkurrenz wären, oder Anleger, die losgelöst vom üblichen professionell erstellten Research agieren, im Durchschnitt signifikant schlechtere Anlageergebnisse erzielen würden. Ersteres würde die Fähigkeiten der Experten völlig überschätzen, zumal die meist stark divergierenden, sich häufig sogar widersprechenden Prognosen unterschiedlicher Institute und die vielfach enttäuschenden Investmentergebnisse darauf hinweisen, dass es auch nicht zutreffend ist. Hinzu kommen darüber hinaus die nicht unerheblichen Kosten, die für professionelles Research in der Regel anfallen“, sagt Armin Sabeur.
„Noch entscheidender dürften aber kognitive Verzerrungen sein (im englischen Biases genannt), die durch überflüssiges Research sogar noch verstärkt werden. So neigen Anleger grundsätzlich dazu, Informationen höher zu gewichten, wenn sie der eigenen Meinung entsprechen. Analysten halten häufig zu lange an einer einmal veröffentlichten Einschätzung fest, sodass Konsensschätzungen der tatsächlichen Entwicklung der Unternehmensgewinne immer hinterherlaufen. Und kaum ein Investor kann sich der auch von Analysen und Prognosen geprägten Marktstimmung wirkungsvoll entziehen. Prozyklisches Anlageverhalten ist die Folge. Derartige, in researchgetriebene Strategien eingehende Unzulänglichkeiten, können mittels systematischer Investmentansätze, die auf nur wenigen, dafür aber belastbaren Kennzahlen beruhen, vermieden werden. Im Aktienbereich bieten sich hier etwa lang bewährte und einfach zu ermittelnde Value-Kennziffern, wie die Eigenkapitalquote, die Dividendenrendite, das Kurs-Gewinn- und Kurs-Cashflow-Verhältnis, etc. an. Dabei kann über feste Gewichtungsbreiten für Regionen und Branchen sichergestellt werden, dass der Aktienanteil im Portfolio stets angemessen diversifiziert ist.
Antizyklisch verhalten
Für die Steuerung der Investitionsquote haben sich andererseits die Ermittlung und die Auswertung von Trendlinien bewährt. So wirken Kursentwicklungen häufig selbstunterstützend. Geht es nach oben – und das auch noch mit zunehmender Dynamik – spricht dies mit hoher Wahrscheinlichkeit für weiter steigende Aktienpreise. Umgekehrt deutet ein sich beschleunigender Abwärtstrend darauf hin, dass noch weitere Rückgänge zu erwarten sind. Systematisch ausgerichtete Investitionsmodelle können hier schon frühzeitig stärkere Verluste antizipieren und abfedern. Diese verhindern insbesondere, dass die Anleger in einer Emotionsfalle die falschen Entscheidungen treffen.
Ebenfalls ohne kostenaufwendiges Research kommt das regelmäßige Rebalancing der Depotpositionen aus. Dabei wird die Asset Allokation zu festen Stichtagen überprüft und die Gewichtung von Aktien, die die Aufnahmekriterien zwar nach wie vor erfüllen, sich zuletzt aber unterdurchschnittlich entwickelt haben, neu arrondiert. Bei Titeln mit starker Kursperformance werden dagegen Gewinne realisiert und deren Anteil wird auf die Ursprungsquote zurückgesetzt. Statt in teure, aktuell sehr beliebte Werte zu investieren, führt dies automatisch zu einer Kapitalverschiebung hin zu den Aktien, Branchen und Regionen, die gerade etwas weniger stark gefragt sind, was bei konsequenter Umsetzung automatisch ein klar antizyklisches Anlageverhalten zur Folge hat“, sagt Armin Sabeur von Optinova.