Der deutsche Handelsriese Metro befindet sich offenbar in Gesprächen über den teilweisen Verkauf seiner China-Aktivitäten. Einer der Bieter sei Tencent, berichten Medien. Dass Tencent überhaupt keinen Handel betreibt, macht einen möglichen Deal nicht weniger interessant.
Der Feind meines Feindes ist mein Freund? Im Falle von Metro vielleicht demnächst sogar der beste Freund.
Wie Bloomberg unter Berufung auf inoffizielle Quellen schreibt, habe der deutsche Handelskonzern (Umsatz 2018: 29,5 Milliarden Euro) den Verkaufsprozess für sein China-Geschäft in Gang gesetzt und bereits erste Angebote eingesammelt.
Metro betreibt in der Volksrepublik 95 Niederlassungen mit denen der Konzern im Geschäftsjahr 2017/18 rund 2,7 Milliarden Euro Umsatz erzielte. Schätzungen gehen von einem Wert der Sparte in Höhe der Jahresumsätze aus, wobei die genannten Werte allerdings variieren.
So oder so wollen sich die Deutschen nicht komplett aus der Volksrepublik zurückziehen, sondern suchen nach Käufern für bis zu 80 Prozent der Anteile, mit deren Hilfe sie dem Wettbewerbsdruck besser standhalten können.
In China tobt ein gnadenloser Kampf um die Marktanteile im Groß- und Einzelhandel, sei es online oder stationär. E-Commerce-Riesen wie Alibaba und JD.com arbeiten mit Hochdruck an Lösungen, um beide Welten miteinander zu verbinden.
Dass Bloomberg ausgerechnet Tencent als einen möglichen Bieter für die Metro-Anteile nennt, überrascht dennoch nur auf den ersten Blick. Finanziell wäre ein Deal für den Internetriesen, der 2018 bei rund 45 Milliarden Dollar Jahresumsatz ein Ebit von 12,5 Milliarden Dollar erzielte, schon einmal kein Problem.
"Tencent ist kein Händler, aber bietet seinen Partnern alle Möglichkeiten und Facetten des Handels", sagte Tencent-Chef Pony Ma. Mit seinen Kommunikations- und Technologieplattformen ist Tencent eine Macht in China.
Die beiden größten sozialen Netzwerke - QQ und WeChat - zählen jeweils rund eine Milliarde Nutzer. Mit WeChat - einer WhatsApp auf Steroiden - können Kunden Hotelzimmer und Tische in Restaurants buchen, Rechnungen bezahlen, Geld überweisen, Taxis rufen und vieles mehr.
"Es gibt keinen Bereich und keine Industrie, die WeChat Pay (Tencent Payment-Lösung) nicht akzeptiert", sagte Ma jüngst. Für Metro brächte ein Deal mit dem Tech-Riesen also durchaus Vorteile, zumal damit die Nutzung von Tencents Cloud, KI und den Big Data-Lösungen einherginge.
Allerdings könnte Tencent auch den indirekten Weg zu Metro finden. Bloomberg zufolge habe der Supermarktbetreiber Yonhui (900 Filialen) ebenfalls seine Fühler ausgestreckt. Tencent ist seit Dezember 2017 mit rund fünf Prozent an dem Unternehmen beteiligt.
DER AKTIONÄR meint: Für Metro wäre ein Deal gut, sofern der Verkaufspreis stimmt. Ohne Unterstützung eines kapitalkräftigen und innovationsstarken Partners wird es schwer, die Geschäfte in der Volksrepublik voranzutreiben. Für Tencent wäre der Einstieg ein weiteres Puzzlestück beim Ausbau seiner Technologieplattformen. Die Aktie von Tencent befindet sich auf der Empfehlungsliste des AKTIONÄR.