VW, BMW, Porsche, Ford, GM oder Daimler – plötzlich arbeiten alle an „Tesla-Killern“. Im Jahr 2016 wird selbst den Autofahrern mit „Benzin im Blut“ klar: Das Elektroauto wird konkurrenzfähig. Die große Frage ist: Wird Tesla weiterhin mit Vollgas an den alten Herstellern vorbeiziehen – oder schalten BMW und Co jetzt einen Gang höher und drängen Tesla von der Überholspur? DER AKTIONÄR hat mit Tesla-Deutschland-Chef Jochen Rudat gesprochen.
DER AKTIONÄR: Herr Rudat, Sie haben sich 2009 bewusst gegen BMW und für Tesla entschieden. Wieso glauben Sie so fest an die Zukunft des Elektroautos?
Jochen Rudat: Wieso sollte man heute noch Explosionsmotor fahren, wenn Tesla das schnellste sowie sicherste Serienfahrzeug der Welt bietet? Mit 613 km Reichweite und dem Supercharger-Netz kreieren wir sogar Reichweitenspaß. Es gelingt uns, den Porsche Panamera seit drei Quartalen in Deutschland abzuhängen.
Das 2009 vorgestellte Model S kommt in die Jahre – bleibt die Nachfrage hoch?
In die Jahre? Wir haben vor Kurzem das Refresh herausgebracht und mit dem P100D die 2,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h geknackt. Durch diese ständige Innovation boomt es auch in Deutschland. Aufgrund der starken Nachfrage könnte ich auf einen Schlag das Personal und die Stores verdoppeln. Das ist gerade meine größte Challenge. Ich möchte jeden talentierten Verkaufsmitarbeiter dazu motivieren, sich zu melden.
Das Model 3 hat alle Rekorde bei den Reservierungen gebrochen. Hält die Euphorie seitens der Kunden auch im Spätsommer noch an?
Wir sind natürlich unglaublich stolz darauf, in so kurzer Zeit bereits circa 400.000 Reservierungen erhalten zu haben. Und ja, die Euphorie ist nach wie vor superhoch.
Doch nach der Ankündigung des Aufbaus einer Megabatteriefabrik des BMW-Partners Samsung SDI (Produktion ab 2018) in Ungarn fragen sich Kunden, die das Model 3 reserviert haben: Ist es wahrscheinlicher, 2019 in Deutschland das Model 3 in Empfang nehmen zu können als einen BMW 3er mit Elektroantrieb?
Ja und cool, dass BMW ab 2018 produzieren will. Wir produzieren in unserer Gigafactory bereits seit Ende letzten Jahres. Die ersten Model 3 werden wir Ende 2017 in den USA ausliefern, im Anschluss kommen die Fahrzeuge auch nach Deutschland. Das wird ein toller Moment.
Wenn VW und Co den Erfolg von Tesla kopieren – was macht Tesla dann einzigartig?
Das ist es ja genau, anscheinend ist er nicht so leicht zu kopieren, sonst hätten die Dinosaurier schließlich auch unsere Traum-Reichweiten, Performance, Sicherheitsstandards, et cetera. Man hört und liest viel von sogenannten Tesla-Fightern, aber das sind bisher nur Ankündigungen.
Die Kunden freut es: Elektroautos müssen weniger in die Werkstatt. Fehlt damit neben dem Verkauf ein wichtiges finanzielles Standbein?
Bei den Dinosaurier-OEMs ist die Organisation darauf ausgelegt, circa 25 Prozent Profit beim Neuwagenverkauf zu machen und die restlichen 75 Prozent im After Sales. Der Tesla-Ansatz ist: Wenn unser Fahrzeug kaputtgeht, wollen wir nichts verdienen, weil wir etwas falsch gemacht haben. Das bedeutet aber nicht, dass wir keine weiteren finanziellen Standbeine haben, mit unserer Upgradefähigkeit der Fahrzeuge nach dem Kauf sowie Tesla Energy sind wir parat.
Elon Musk tauscht Zulieferer und Mitarbeiter aus, wenn die Ziele nicht erreicht werden. Wie tickt der Tesla-Chef wirklich?
Schauen Sie, unser Chef schickt Raketen ins All, tauscht dort Material aus und landet diese wieder auf der Erde. Er ist kein CEO, bei dem wir mit Micky-Maus-Problemen vorstellig werden. Doch das Umfeld ist unglaublich motivierend.
Dieses Interview ist der AKTIONÄR-Ausgabe 37/2016 erschienen.