Wie geht es weiter mit dem Goldpreis? Das Gros der Analysten traut dem Edelmetall keine weiteren Kurssprünge zu. Im Gegenteil: Die Kursziele liegen teils deutlich unter dem aktuellen Kurs. Doch Fondsmanager und Goldexperte Uwe Bergold sieht eine große Rallye auf den Goldpreis zukommen.
Im Interview mit dem AKTIONÄR spricht Bergold über die starke Nachfrage nach physischem Gold aus China und die Politik der Notenbanken. Außerdem verrät er, weshalb er nach wie vor an seinem Kursziel von 5.000 Dollar für den Goldpreis festhält und wieso er eine Trendwende bei den Zinsen ins Reich der Fantasie verweist.
Herr Bergold, seit Anfang des Jahres sehen wir zehn Prozent Plus beim Goldpreis. Was steckt dahinter?
Man darf Gold nicht isoliert betrachten, sondern muss immer den Rohstoffbereich als Ganzes sehen. Positiv hierbei ist die momentane Marktbreite. Wir haben einen massiven Ausbruch bei Agrarrohstoffen erlebt, bei Energierohstoffen schon im vergangenen Jahr. Lediglich bei den Industriemetallen fehlt bislang noch ein Anstieg. Der CCI- und der CRB-Index haben bereits gedreht. Der Goldpreisanstieg wird begleitet von einem massiven Anstieg der Rohstoffpreise. Zusätzlich muss man die Minen berücksichtigen, die einen Vorlauf bei den Preisen haben. Auch hier sieht man erstmals wieder eine relative Stärke des Goldminensektors im Vergleich zum Goldpreis, was sehr positiv ist.
Besteht die Gefahr, dass die steigenden Preise von einigen Zentralbanken zum Verkauf genutzt werden?
Nein. Wir sehen seit Jahren das Gegenteil. Das Gold wandert von West nach Ost. Etliche Zentralbanken wie zum Beispiel die Bank of England haben im Tief verkauft, dass so genante Brown-Tief. Gleichzeitig läuft das Gold massiv in Richtung Osten. Chinesische Banken haben gerade zum Zeitpunkt massiv eingekauft, als die Preise unten waren und andere Investoren Angst hatten.
Setzt sich der Trend, dass China den Goldmarkt beherrscht weiter fort?
Eindeutig. Im letzten Jahr hat China massiv US-Staatsanleihen verkauft. Der Trend läuft in Richtung Gold. China wandelt seine Devisenreserven sukzessive weiter in Gold um.
In Indien wurden im vergangenen Jahr die Importzölle nach obengesetzt. Glauben Sie, dass Indien seine Importzölle wieder reduzieren wird und die Goldimporte nach Indien damit wieder steigen?
Die Gerüchte gibt es, dass die Importzölle wieder sinken sollen. Wobei das meiner Meinung nach für den Goldpreis nicht entscheidend ist. Gold ist und bleibt in Indien die wichtigste Wertanlage – das war sie historisch betrachtet schon immer. Entscheidend für den Goldpreis sind auf der Terminmarktseite die Hedgefonds an der Comex. Physisch absorbiert China aktuell alles was auf dem Markt verfügbar ist und bleibt Haupttreiber für den Preis.
Addiert man die Käufe an physischem Gold von China und Indien, wäre die gesamte Produktion von einem Jahr aufgekauft. Könnte Gold in physischer Form in der westlichen Welt knapp werden?
Im Jahr 2008 haben wir schon einmal einen Mangel erlebt. Damals wurde der Preis künstlich, über den Terminmarkt niedrig gehalten. Auch 2013 gab es zum Teil Lieferzeiten von mehr als acht Wochen für Gold, das war ein Zeichen von beginnendem Mangel. So lang aber eine freie Preisbildung besteht, wird kein klarer Mangel herrschen. Sollte aber über den Terminmarkt oder gesetzlich eingegriffen werden, kann sich die Situation schnell ändern. Dann kann es passieren, dass es zwei Preise gibt. Einen offiziellen Preis und einen inoffiziellen Preis mit einem Aufgeld. Das konnte man besonders gut bei Silbermünzen im Jahr 2008 beobachten. Das kann auch bei Gold schnell gehen. Aber ob das von Dauer sein wird, bezweifle ich, da die Marktkräfte zu groß sind.
Ist es vorstellbar, dass die Comex ihre Lieferpflicht nicht mehr erfüllen kann, weil zu wenig physisches Gold vorhanden ist?
Ja, das wäre ein Szenario, in dem man einen kurzfristigen Mangel erleben würde. Man würde dann wahrscheinlich eine Kaufpanik im Goldsektor erleben. Das ist nicht auszuschließen. Es besteht die letzten drei Jahre bereits eine Baisse. Bei Gold hatten wir das Hoch im September 2011. Wenn man momentan die gestiegenen Abflüsse an der Comex betrachtet, ist das ein Zeichen, dass sich Personen physische Bestände sichern. Beispiele sind JPMorgan und Goldman Sachs, die massiv Gold und Gold ETFs kaufen. Trotz der negativen Prognosen von Goldman Sachs sind sie inzwischen viertgrößter Investor beim Gold-ETF GLD. Sollte der Markt physisch nicht mehr bedienbar sein, würde sich eine Extremsituation ergeben.
Besteht die Möglichkeit, dass eine größere Zinswende Druck auf den Goldpreis bringt?
Nein. Denn die Zinswende kann erst dann kommen, wenn das Verschuldungsproblem behoben ist. Auch wenn der Markt für höhere Zinsen bereit wäre, werden diese trotzdem unter dem Wachstumsniveau gehalten. Die ultra lockere Geldpolitik soll zwar durch Tapering zurückgeschraubt werden, dies ist allerdings nur eine kosmetische Maßnahme. Sobald die ersten Anzeichen einer Rezession aufkommen, werden die EZB und die FED schnell zurückrudern. Und eine Rezession wird unweigerlich kommen. In der Vergangenheit hat im Schnitt noch keine Aufwärtsbewegung länger als fünf Jahre gehalten.
Zum Thema Tapering: Es wurde behauptet, wenn Tapering kommt, sinkt der Goldpreis weiter. Das Gegenteil ist passiert. Wie lässt sich das erklären?
Die Marktteilnehmer haben das bereits antizipiert. Man sieht das auch beim US-Immobilienmarkt, der entgegen dem Aktienmarkt nicht weiter steigt. Die Zahlen zeigen, dass der Immobilienmarkt Schwächen zeigt. Immobilien sind ein Frühindikator für die Wirtschaftsentwicklung. Mittelfristig sollte es dazu führen, dass die Geldpolitik nicht mehr restriktiv, sonder wieder expansiv betrieben wird. Der Goldpreis nimmt auch das schon vorweg.
Zu einem Gerücht: Das im Ausland gelagerte Gold der deutschen Zentralbank ist gar nicht mehr da. Gibt es ihrer Meinung nach Indizien, die das Gerücht bestätigen oder ist das eine reine Verschwörungstheorie?
Viele Verschwörungstheorien in der Vergangenheit, wie der Libor-Skandal oder die Manipulation beim Goldpreis-Fixing, haben sich bereits bewahrheitet. Es gibt zumindest Anzeichen, welche darauf deuten, dass nicht alles so abläuft, wie es offiziell publiziert wird. Was aber genau dahinter steht kann man schlecht einschätzen. Es fallen nur immer wieder Ungereimtheiten auf.
Wie lautet ihr Kursziel für den Goldpreis?
Kurz- bis mittelfristig sehe ich den Goldpreis bei 1.480 bis 1.500 Dollar, dass ist eine wichtige Schlüsselmarke. Gelingt der Ausbruch über diese Schwelle, sehe ich den Preis schnell bei 1.900 Euro und langfristig (Ende des Jahrzehnts) bei über 5.000 Euro. Das Problem ist nicht der Goldpreis an sich, sondern die Kaufkraft die dahinter steckt. Es herrscht eine Korrelation zwischen dem Goldpreis und den Zentralbankenwachstum, deren Bilanzen werden immer weiter steigen. Demnach kann auch der Goldpreis langfristig nur weiter steigen.
Zu Goldminen-Aktien: Sind diese für Anleger attraktiv?
Aus fundamentaler Sicht ist der Goldminensektor aktuell der am günstigsten bewertete Sektor der Welt. Die Bewertung ist auf einem Niveau wie zuletzt 1942. In den nächsten 24 bis 36 Monaten wird der Bereich deutlich nach oben Ausbrechen. Und das wird einige Anleger wirklich überraschen.
Ein Blick auf die Produktionskosten: Diese liegen momentan bei 1.150 bei 1.200 Dollar. Ist es möglich, dass der Goldpreis unter die Produktionskosten fällt?
Kurzfristig ja – langfristig nein. Gold hat immer einen Status von Währung und Geld. Jeder andere Rohstoff wird verbraucht, nur Gold wird gebunkert. Sollte der Kurs unter die Produktionskosten fallen, müssten sämtliche Minen ihren Betrieb aus ökonomischen Gründen einstellen. Der Preis wird langfristig nicht unter die Kosten fallen können. Momentan sehen wir aber wieder, dass Goldminenaktien als Hebel auf den Goldpreis fungieren. Als zusätzlicher Preistreiber bei den Minen kommt hinzu, dass die heimischen Währungen (CAD, AUD und ZAR) momentan an Wert verlieren, was die Produktionskosten im Vergleich zum Goldpreis, der in Dollar gerechnet wird, senkt. Das bringt eine enorme Gewinnspanne bei den Minen.
Herr Bergold, wir danken Ihnen für das Interview.