Bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank hat Vorstandschef Christian Sewing im Mai „harte Einschnitte“ angekündigt, um die kriselnde Großbank zurück auf Wachstumskurs zu bringen. Während im Hintergrund an der neuen Strategie gearbeitet wird, wachsen Zweifel, ob sich die Deutsche Bank die nötigen Maßnahmen überhaupt leisten kann.
Bei weiteren Kürzungen steht diesmal das umstrittene Investment-Geschäft in den USA ganz oben auf der Liste. JPMorgan-Analyst Kian Abouhossein schätzt, dass die Deutsche Bank alleine im globalen Wertpapierhandel pro Jahr rund 600 Millionen Euro vor Steuern verbrennt.
Derzeitige und frühere Manager des Instituts erklärten gegenüber der Financial Time (FT) jedoch, dass selbst eine vollständige Abwicklung jener Bereiche nicht sofort zu einer Verbesserung der Profitabilität führe. Auf Jahressicht würde dies zunächst weitere Verluste nach sich ziehen – und somit Sewings Versprechen eines Jahresgewinns torpedieren.
Auch UBS-Analyst Daniele Brupbacher sieht die Deutsche Bank in der Zwickmühle: „Die strategischen Möglichkeiten erscheinen angesichts der niedrigen Profitabilität begrenzt“, so der Experte. Einen radikalen Strategiewechsel könne sich die Bank im Moment gar nicht leisten, denn „Kürzungen im Investmentbanking würden die Bank für längere Zeit in die Verlustzone befördern“, zitiert ihn die FT.
Von heute auf morgen dichtmachen könnte die Deutsche Bank die Bereiche ohnehin nicht, denn ein Abbau der teils sehr lang laufenden Zins- und Derivate-Geschäfte würde noch auf Jahre Ressourcen binden – sowohl personell als auch in der IT.
So viel würde die Sanierung kosten
Sewing und sein Team müssen sich allerdings nicht nur überlegen, wo genau sie den Rotstift ansetzen, sondern auch, wie die Maßnahmen finanziert werden sollen. Mehrere Insider bezifferten den Kapitalbedarf für eine vollständige Sanierung gegenüber der FT auf mindestens vier Milliarden Euro. Knapp die Hälfte davon falle sofort an, etwa für Abfindungen.
Immer wieder gibt es daher Spekulationen über eine weitere Kapitalerhöhung. Angesichts der enttäuschenden Performance in den letzten Jahren dürfte dies gegenüber den Aktionären jedoch kaum zu rechtfertigen sein.
Daher suche man nun nach alternativen Möglichkeiten zur Finanzierung. Nach Angaben der FT könnte eine Senkung der Risikoaktiva um 20 Milliarden Euro in Verbindung mit einer Senkung des Kapitalpuffers von 13,7 Prozent auf das interne Minimum von 13,0 Prozent Kapital in Höhe von rund fünf Milliarden Euro freisetzen. Voraussetzung wäre allerdings, dass dies ohne größere Abschreibungen gelingt und bösen Überraschungen wie ein wirtschaftlicher Abschwung oder teure Strafzahlungen ausbleiben.
Aktie schwach – beobachten!
Konkrete Maßnahmen wird die Deutsche Bank wohl erst im Rahmen der Zwischenbilanz für das zweite Quartal am 24. Juli verkünden. In der Zwischenzeit bleibt die Aktie unter Druck. Am Freitag ist sie erneut unter die Marke von 6,00 Euro gerutscht, nachdem der Kurs in der Vorwoche bei 5,80 Euro einen neuen Tiefststand erreicht hatte. Angesichts des schwachen Charts und der strategischen Herausforderungen rät DER AKTIONÄR vom Kauf der Aktie ab.