Die Essgewohnheiten der Menschen haben sich geändert. Das weiß eigentlich jedes Kind. Den Managern bei Kraft Heinz ist es offensichtlich entgangen. Nun zahlen sie den Preis: hohe Wertberichtigungen auf ihre Marken, SEC-Ermittlungen, riesiger Vertrauensverlust. Das Problem wird sich nicht schnell aus der Welt schaffen lassen.
So etwas hat es selten gegeben: Ein vermeintlich grundsolider Konzern, der im sicheren Geschäft mit Lebensmitteln tätig ist, schockt die Märkte mit milliardenschweren Wertberichtigungen. Der Grund: Die Kunden haben nicht mehr viel Interesse an Fertiggerichten. Käsenudeln aus der Packung, Sprühkäse oder fettige Mayo – alles Kraft-Heinz-Produkte – verkaufen sich nicht mehr so gut. Sie möchten lieber frische Zutaten essen.
Lieber spät als nie, möchte man angesichts dieser Erkenntnis sagen. Doch die Frage ist: Wie ist es überhaupt möglich, dass hochbezahlte Manager so lange brauchen, um zu erkennen, dass die Leute sich gesünder ernähren? Spätestens im Oktober 2018 hätte der Kraft-Heinz-Vorstand darauf kommen müssen, dass man auf dem falschen Dampfer ist. Damals kappte Kellogg, bekannt für seine süßen Frühstücksflocken, seine Gewinnprognose. Die Aktie crashte um zehn Prozent – der höchste Tagesverlust seit 1998.
Konkurrent Nestlé hat längst reagiert. Der Konzern hat sein komplettes Portfolio auf den Prüfstand gestellt. Nestlé setzt nun etwa auf einen veganen Burger, der wie ein echter Fleischburger schmecken soll. Damit greift Nestlé auf einem Milliardenmarkt an: Die Nachfrage nach veganen und vegetarischen Produkten wächst stark.
Auch McDonald’s hat längst reagiert. Der Fast-Food-Konzern hat sich zum Ziel gesetzt, in der Tierhaltung weitestgehend auf Antibiotika zu verzichten. Bei der Herstellung von Burgern setzt Big M nicht mehr auf gefrorenes, sondern auf frisches Fleisch. Das kommt bei den Kunden top an: Umsatz und Gewinn legen kontinuierlich zu – trotz des Gesundheitsbooms.
Grafik: Kraft Heinz auf dem absteigenden Ast
Quelle: CNBC
Wenn Nestlé und McDonald’s sich ändern können, kann das auch Kraft Heinz. Denn: Der Markt für Convience Food ist weiterhin vorhanden. Und er wächst, wie eine Studie von Statista zeigt. Es kommt aber auf die Zutaten an: zu viel Zucker wollen die Kunden ebenso wenig wie künstliche Geschmacksverstärker oder zu viel Fett. Der Kunde von heute ist gesundheitlich aufgeklärt wie kein Mensch zuvor und achtet auf sich. Das macht nicht nur Kraft Heinz zu schaffen, sondern auch Coca-Cola, Philip Morris oder Anheuser-Busch Inbev. Wer nicht reagiert und sich anpasst, bekommt große Probleme – oder hat sie längst.
Grafik: Nachfrage nach Convenience Food wächst
Quelle: Statista
Finger weg
Auf den Vorstand von Kraft Heinz wartet eine Mammut-Aufgabe, das verloren gegangene Vertrauen zurückzugewinnen. Problematisch wäre es, bei dem hohen Schuldenstand von fast 30 Milliarden Dollar sein Heil demnächst in teuren Übernahmen zu suchen statt das eigene Portfolio knallhart zu reinigen. Aktuell ist die Aktie kein Investment wert.