Es ist nur ein Strohhalm. Aber die nach News dürstenden Aktionäre nehmen ihn dankbar auf: In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg hat sich Josef Ackermann zu Wort gemeldet. Und darin machte der Ex-Deutsche-Bank-Chef Andeutungen zur europäischen Bankenlandschaft und zu einer möglichen Fusion von Deutsche und Commerzbank. Beide Aktien gewinnen heute, der zukünftige DAX-Absteiger Commerzbank führt sogar die Liste der DAX-Tagesgewinner an.
Die Deutsche Bank habe sich eine mögliche Fusion mit der Commerzbank zu seiner Zeit oft angeschaut. Immer sei man zu einem negativen Ergebnis gekommen, so Ackermann. Er verwies dabei auf politische Schwierigkeiten, die sich aus dem Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland ergeben hätten. Weil die Arbeitslosigkeit damals höher war und eine Fusion Arbeitsplätze kostet. Nun die entscheidende Passage: "Vielleicht haben sich die Dinge geändert. Ich bin mir sicher, dass die Bereitschaft der Menschen, Umstrukturierungen auf dem deutschen Markt zu akzeptieren, höher ist als damals, als ich dort war."
Europäer sollten 'America first' etwas entgegensetzen
Der 70-Jährige warb gleichzeitig dafür, deutlich größere europäische Geldhäuser zu schaffen. In einer von "America First" geprägten Ära brauche Europa starke Banken, sagte der Ex-Manager. "In einem Klima von 'America First' - sollten die Europäer nicht versuchen, das zu ändern?" fragte er rhetorisch. Europas Banken hätten letztlich keine andere Wahl, als grenzüberschreitende Fusionen zu verfolgen, befand Ackermann. Die Regulierer müssten dies stärker unterstützen und europaweite Transaktionen stärker fördern.
Ein großer europäischer Player - ja, das wär's. Doch derzeit haben eigentlich alle Bankhäuser mit eigenen Umstrukturierungen zu tun. Sie bauen ihr Digitalgeschäft aus, was jahrelang versäumt wurde. Sie schließen Abteilungen und Filialen. Mitten in diesem Umbruch sind Fusionen oder Übernahmen fast unmöglich. Erst muss sich die Branche konsolidiert haben.
Europa-Riese wäre kleiner als die größte US-Bank
Ein Blick auf die Marktkapitalisierungen der europäischen Banken - losgelöst von allen Fragen, ob es inhaltlich passen würde - zeigt, wie trostlos selbst eine Mega-Europa-Bank wäre: Die fünf größten europäischen Institute Banco Santander, BNP Paribas, ING Groep, Intesa Sanpaolo und Crédit Agricole kommen zusammen aktuell auf rund 248 Milliarden Euro Marktkapitalisierung. Die Deutsche ist knapp 20 Milliarden schwer, die Commerzbank rund 10. Die größte US-Bank JP Morgan allein bringt gut 330 Milliarden Euro auf die Waage.
Trotzdem steigen am Montag die Aktien der beiden deutschen Institute. Die Commerzbank zog zeitweise um gut drei Prozent an, die Deutsche Bank profitierte ebenfalls ein wenig von dem Aufflammen der Spekulationen und verbesserte sich um ein halbes Prozent. Dennoch: DER AKTIONÄR rät bis auf weiteres von einem Investment in klassischen Bank-Aktien aus Europa ab.